Das ungelöste Rätsel des Sühnekreuzes an der Schindelbergkapelle

Isabella Müller Baden Württemberg Deutschland @isabella_muenchen

Bei meiner Autofahrt durchs Ländle wie das Bundesland Baden-Württemberg von seinen Bürgern liebevoll genannt wird, entdeckte ich die Schindelbergkapelle. Diese befindet sich an exponierter Stelle zwischen Östringen und Odenheim im westlichen Kraichgau unweit der Rheinebene. Der Schindelberg blickt auf eine junge Geschichte zurück. Alles begann im Jahr 1924 als der Landvermesser Wacker beschloss sich dort niederzulassen und den Wackerhof gründete. Im Jahr 1927 wurde ein Gasthaus gebaut, das schnell zum beliebten Ausflugsziel avancierte. In der zweiten Hälfte der 1930er Jahren siedelten sich dort mehrere Höfe an und in den 70er Jahren wurde der Campingplatz Wackerhof eröffnet, der bis 2019 betrieben wurde. Der Schindelberg ist vor allem Rennradlern ein Begriff, da hier die Deutschlandtour von Östringen kommend auf der vierten und letzten Etappe von Lorsch nach Stuttgart durchrollte. Die kleine Schindelbergkapelle wurde 2002 errichtet und liegt inmitten grüner Wiesen. Ich parkte mein Auto spontan auf dem kleinen Vorplatz der Kapelle und begab mich auf Entdeckungstour. Dabei stieß ich auf ein steinernes Kreuz. Es handelte sich hierbei um ein Sühne- oder Mordkreuz, dessen Rätsel bis heute ungelöst geblieben ist. Odenheims ältestes Steinkreuz-Denkmal an der rechten Seite der Kapelle stammt aus dem Jahr 1674. Der ursprüngliche Standort befand sich auf freier Feldflur am Fuße des Kapellenbergs, wo es vor Jahren von der Ackerfläche entfernt und in einem Feldrain abgelegt, aufgefunden wurde. Es wird als sogenanntes Sühnekreuz angesehen. Sühnekreuze oder auch Mordkreuze wurden vom 13. bis 16. Jahrhundert zur Sühne eines Mordes oder Totschlags vom Täter errichtet, nachdem mit den Hinterbliebenen ein Sühnevertrag geschlossen worden war, welcher dem Täter einige Verpflichtungen auferlegte. Oftmals finden sich auf den Kreuzen die Mordwaffe oder ein berufstypisches Werkzeug des Getöteten eingemeißelt, viel seltener hingegen Jahreszahlen oder Text. Mit der Einführung des neuen Rechts durch Kaiser Karl V. im Jahr 1532, dem Lex Carolina, dem ersten allgemeinen deutschen Strafgesetzbuch, wurden private Abmachungen nicht mehr geduldet und somit die Sühneverträge offiziell abgeschafft. Sie lebten allerdings, je nach Landessitte, bis ins 17. Jahrhundert fort. Steinkreuze konnten auch Wetter-, Pest- und Stationskreuze von Pilgern und Prozessionen oder auch Pfarrbezirks-Markierungen in Fluren sein. Oftmals wurden einige Sühnekreuze zweckentfremdet umgenutzt. Das Steinkreuz der Schindelbergkapelle trägt die Jahreszahl 1674 und in der Mitte steht das Christus-Monogramm. Darunter sind schwer erkennbar Initialen und Namen angebracht. Die genaue Herkunftsgeschichte dieses Steinkreuzes blieb bis heute ungeklärt. Dieses kulturhistorische Zeugnis und die kleine Kapelle sind schon allein wegen ihrer herrlichen Lage inmitten der grünen Hügel mit traumhaften Panorama über die Landschaft des Kraichgaus, der badischen Toskana, sehenswert. Ich genoss meinen Ausflug in die Natur und meine Zeitreise ins Mittelalter, in der noch Sühnekreuze zum Gedenken an Menschen, die durch Mord, Totschlag oder Unfall zu Tode gekommen waren, errichtet wurden. Dieses Steinkreuz-Denkmal macht mittelalterliche Geschichte für die Nachwelt lebendig. Euch wünsche ich viel Freude mit meinen Fotos der kleinen Schindelbergkapelle mit ihrem geheimnisvollen Sühnekreuz.:)

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