Eine wahre Orgie der Gewalt veranstaltete 1924 Fritz Heinrich Angerstein, der als Massenmörder in die deutsche Kriminalgeschichte einging und eines der rätselhaftesten Verbrechen der Weimer Republik beging. Der Unternehmer Fritz Angerstein wurde am 3. Januar 1891 in Dillenburg als Sohn eines Hüttenarbeiters geboren. Angerstein arbeitete als Landvermesser, der mit seiner Ehefrau Käthe, deren 50 Jahre alten Mutter und ihrer 18 Jahre alten Schwester 1921 in die hessische Kleinstadt Haiger zog. Er hatte dort eine Anstellung bei der Firma van der Zypen als Direktor und Handlungsbevollmächtigter der Kalksteingrube bekommen, wo er ihm im Erdgeschoss der Firmenvilla eine Dienstwohnung zur Verfügung gestellt worden war. Fritz Angersteins Leben schien perfekt, er hatte eine liebende Ehefrau, eine tolle Unterkunft und ein staatliches Monatsgehalt von 390 Reichsmark. Trotzdem geriet er in finanzielle Schwierigkeiten, die er durch Unterschlagung der Firmengelder behob. Als ihm im November 1924 ein Angestellter auf die Schliche kam, wollte dieser ihn anzeigen, weshalb Angerstein einen Selbstmordversuch begann, der aber missglückte. Vielleicht war dies der Auslöser für das bestialische Blutbad, das er in der Nacht vom 30. November auf den 1. Dezember 1924 in der Firmenvilla anrichtete. Zunächst durchschnitt Angerstein die Telefonleitung, um sicher zu gehen, dass niemand Hilfe holen konnte. Dann tötete er zuerst seine schlafende Ehefrau Käthe, in dem er 18 Mal mit einem Hirschfänger, einer 30 bis 40 Zentimeter langen Stichwaffe, auf sie einstach. Danach ging er ins Nebenzimmer um Käthes Mutter mit Axthieben zu töten. Anschließend wartete er auf Käthes Schwester bis diese nach einer Zugfahrt nach Hause gekommen war. Als sie die Villa betrat, erschlug er sie mit einem Beil und schleifte sie ins Badezimmer. Erst dann erschlug er auch das Hausmädchen. Gegen 7 Uhr morgens bestellte Angerstein nacheinander einen Büroangestellten und den Buchhalter in sein Büro im 1. Stock der Villa, die er nacheinander mit einer Axt abschlachtete, bevor er noch den Sohn seines Hausgärtners und einen Hilfsarbeiter, der Arbeiten auf dem Grundstück der Villa verrichtete, tötete. Nachdem Massaker übergoss er seine Wohnung im Erdgeschoss und die Büroräume im 1. Stock mit Benzol. Danach machte er sich in aller Seelenruhe in die Stadt auf, wo er zwei Tafeln Schokolade für seine tote Ehefrau und eine Taschenlampe kaufte. Anschließend besuchte er noch eine Buchhandlung. Dann kehrte er zur Villa zurück, die er mit Einbruch der Dunkelheit anzündete. Doch das Erdgeschoss wollte nicht brennen. Er selbst brachte sich mit einem Messer schwere Verletzungen bei und rief die Nachbarn um Hilfe. Diese alarmierten die Polizei und Freiwillige Feuerwehr, die den Brand im 1. Stockwerk löschten. Angerstein sagte der Polizei, dass er von mehreren Männern überfallen worden war. Dann wurde er ins Krankenhaus eingeliefert und operiert. Weitere Zeugen sagten aus, dass sie 15 bis 20 flüchtende Verbrecher gesehen hatten. Aus diesen Gründen wurde unmittelbar nach dem scheußlichen Verbrechen Schutzpolizisten aus Siegen und Wetzlar nach Haigern abgestellt und eine Bürgerwehr aufgestellt. Das blutige Gemetzel, in dem 8 Menschen grausam hingerichtet worden waren, sorgte über die Landesgrenze hinaus für großes Aufsehen. Doch schon bald zweifelten die Kriminalisten, darunter der bekannte Georg Popp aus Frankfurt, an Angersteins Tathergang. So war bei den Toten die Totenstarre bereits eingetreten, was aber nicht zu Angersteins angegebenen Tatzeitpunkt passte. Zudem wurde am Hirschfänger und an den Ermordeten nur Angersteins Fingerabdrücke gefunden. Darüber hinaus gab es keine Anzeichen für einen Raubüberfall. Zeitgleich wurde Angersteins Unterschlagungen aufgedeckt. Angerstein verstrickte sich im Verhör mit dem Limburger Staatsanwalt, die noch im Krankenhaus besuchte, immer mehr in Widersprüche. Nach der Obduktion der Leichen warf ihm der Oberstaatsanwalt noch am Krankenbett vor, alle 8 Menschen vorsätzlich und mit Absicht ermordet zu haben. Am 6. Juli 1925 fand der Prozess vor dem Schwurgericht des Landgerichts Limburg statt. Am 13. Juli wurde Fritz Heinrich Angerstein wegen achtfachen Mordes zum Tode und zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt. Angerstein verzichtete nach dem Urteil auf Rechtsmittel. Als Tatmotiv nannte er die Liebe zu seiner Ehefrau. Am Morgen des 17. November 1925 wurde die Todesstrafe im Zentralgefängnis Freiendiez mit einem Richtbeil gegen Angerstein vollstreckt. Bis heute bleibt ein Rätsel, warum Angerstein grundlos 8 unschuldige Menschen auf bestialische Weise ermordet hatte. Aber wie Friedrich Nietzsche schon sagte: “Das Böse ist des Menschen beste Kraft”. In diesem Sinne wünsche ich Dir viel Freude vom Wetzlarer Dom, von dort einst Schutzpolizisten nach Haigern nach dem blutigen Massaker gesandt worden waren. 🙂


















