Vor über 400 Jahren kam es in Frankfurt am Main zu sozialen Spannungen zwischen den Bürgern und den Mächtigen der Stadt, die in die Geschichte als Fettmilch-Aufstand eingingen. Dieser Name leitete sich von einem der Anführer der Aufständischen Vinzenz Fettmilch ab. Vinzenz Fettmilch ein großer, untersetzter rothaariger Mann Ende vierzig stammte aus Büdesheim und wurde durch die Heirat mit der Frankfurterin Catharina Schiele Bürger der Stadt. Der ehemalige Soldat wollte als Schreiber am Hospital zum heiligen Geist arbeiten, entschied sich aber aufgrund wirtschaftlicher Aspekte als Lebkuchenbäcker seinen Lebensunterhalt für sich und seine zehn Kinder zu bestreiten. Er trat der Zunft der Fettkrämer bei und kaufte 1607 das Haus “Zum Hasen”. Fettmilch, der zum bürgerlichen Milieu gehörte, missfiel die Stadtpolitik, die von den reichen Bürgern geleitet wurde. Seit dem Hochmittelalter war Frankfurt eine freie Reichsstadt, deren Bürger dem Kaiser Untertan waren. Zu besonderen Ereignissen wurden ihnen ihre Privilegien vorgelesen, damit jeder sein Recht kannte. Ein solches Ereignis fand im Mai 1612 statt, als Matthias zum Kaiser gewählt wurde. Die Bürger forderten vom Rat der Stadt die Bekanntgabe ihrer Privilegien, die Einrichtung eines öffentlichen Kornmarktes zur Regelung der Getreidepreise sowie eine Verringerung der ansässigen Juden in der Stadt. Darüber hinaus sollte die Höhe des Zinssatzes von 12 auf 8 Prozent herabgesetzt werden und alle Juden, die keine 15.000 Taler besaßen, sollten aus der Stadt verbannt werden. Vinzenz Fettmilch nutzte die Gunst der Stunde, um die alten Machstrukturen zu zerschlagen. Er hasste die Patrizier und Fürsten, die regelmäßig in der Judengasse Kredite aufnahmen und die städtische Schatzkammer schröpften. Er vermutete gar eine Verschwörung zwischen den Juden und den reichen Herren. Er stachelte die einflussreichen Handwerker der Stadt auf, die sich zusammenschlossen und nun den Rat der Stadt unter Druck setzten. Tatsächlich gelang es ihnen, das am 21. Dezember 1612 ein Bürgervertrag unterzeichnet wurde und 18 neue Vertreter aus den Zünften zu Ratsherren ernannt wurden. Die Finanzpolitik wurde seitdem durch einen Neunerausschuss kontrolliert. Doch dem Bürgerausschuss war dies zu wenig. Vinzenz Fettmilch wurde das Sprachrohr der Aufständischen, dem sich in kurzer Zeit 700 Bürger anschlossen. Die Patrizier zwang er den Rat zu verlassen und sperrte diese tagelang ein. Ein neuer Rat wurde unter Fettmilch gegründet. Über zwei Jahre lang wüteten in Frankfurt heftige Auseinandersetzungen zwischen dem Rat der Stadt und den Zünften, die von Ausschreitungen gegen die Juden begleitet wurden. Vinzenz Fettmilch wurde sogar vom 5. bis 8. Mai 1614 in der Frankfurter Ratsstube wegen seiner Tätigkeit als Revoltenführer verhaftet. In Freiheit stürmte er am 22. August 1614 die Judengasse. Er und seine Anhänger plünderten, raubten und mordeten bis bewaffnete Bürger die Ausschreitungen beendeten. Insgesamt wurden 1380 Juden auf den Jüdischen Friedhof getrieben, die am nächsten Tag aus Frankfurt verbannt wurden. Dieser Sturm auf die Judengasse und die anschließende Herrschaft von Fettmilch und seinen Anhängern führte dazu, dass der Kaiser Matthias im September 1614 über die drei Haupträdelsführer Vinzenz Fettmilch, den Schreiber Konrad Gerngroß und den Schneider Konrad Schopp die Reichsacht verhängt wurde. Wer diesen nun schutz- und rechtlos gewordenen Männern half, verlor wie diese alle Rechte. Daraufhin brach der Aufstand zusammen. Vinzenz Fettmilch wurde am 2. Dezember 1614 von Soldaten verhaftet und in den Aschaffenburger Kerker gesperrt. 14 Monate wartete er dort auf sein Urteil, das am 28. Februar 1616 verkündet und vollstreckt wurde. Gegen 7 Uhr morgens wurden die drei Anführer Vinzenz Fettmilch, Konrad Gerngroß und Konrad Schopp auf dem Roßmarkt zum Scharfrichter geführt, der ihnen zuerst mit seinem Schwert zwei Schwurfinger der rechten Hand abschlug, anschließend enthauptete und vierteilte er sie. Danach wurden Vinzenz Fettmilchs Körperteile in alle vier Himmelsrichtungen der Stadt aufgehängt. Ein Trupp Söldner ging zu Fettmilchs Haus in der Töngesgasse und riss dieses bis auf die Grundmauern nieder. Eine Schandsäule wurde dort am 22. August 1617 aufgestellt. Seine Ehefrau sowie deren 10 Kinder und der Bruder von Fettmilch wurden aus Frankfurt am Main verbannt. Die Köpfe der drei Anführer wurden aufgespießt und am alten Brückenturm aufgehängt, wo ihnen die Krähen die Augen auspickten. Diese hingen dort bis zum Abriss des Brückenturms im Jahr 1801. So grausam endete das Leben von Vinzenz Fettmilch, der sich gegen die Mächtigen der Stadt und deren Politik auflehnte. Dir wünsche ich viel Freude mit meinen Fotos von Frankfurt am Main. 🙂











