Die Reise in den Tod

Isabella Mueller @isabella_muenchen

Im November 1809 hatte die 24 Jahre alte Dorothea Blankenfeld nur ein Ziel, sie wollte von Danzig aus zu ihrem Verlobten, der als Zivilbeamter des französischen Kaiserheeres im 900 Kilometer entfernten Wien stationiert war. Mutterseelenallein und mit ihrer ganzen Mitgift trat sie die beschwerliche Reise an. Nach 700 Kilometer war sie in Dresden eingetroffen, wo ihr der Sekretär des dortigen französischen Statthalters, der über die Heiratspläne informiert war, eine Unterkunft im Hôtel de Bavière der Schlossgasse 337 organisiert hatte. Diesen bat Dorothea ihr auch eine Mitfahrgelegenheit nach Wien zu besorgen. Da sich zuvor zwei französische Armee-Postillione namens Antoine und Schulze an ihn gewandt hatten, die ihn um Reisepässe baten, da sie nach Italien reisen wollten, empfahl er diese Dorothea als Mitfahrgelegenheit. Die Gruppe bestehend aus einem Pferdejungen, den beiden Pferdekutschern und der jungen Dorothea erreichte am 26. November 1809 gegen 16 Uhr ihre vorletzte Station in Meitingen. Denn ab der nächsten Station Augsburg trennten sich ihre Reisewege. Ihre letzte Rast verbrachte die Gruppe bei dem Postmeister Lahmer, der ihnen zwei Zimmer als Nachtquartier im ersten Stock gab. Eines für Dorothea und das andere für die Männer. Zwischen drei und vier Uhr schreckte Lahmer und sein Postknecht Lemmermeier durch Schreie auf. Dann eilte der Pferdejunge die Treppe hinunter, der weinte, weil er von einem der Postkutscher geschlagen worden war. Gegen 6 Uhr bat der Postkutscher Antoine die oberen Räume zu beheizen. Einem der Knechte fiel auf, das Blut an seiner Hand klebte, was vermutlich vom geschlagenen Jungen stammte. Er kam der Bitte nach, wunderte sich aber, warum diese nicht wie geplant bereits um 5 Uhr früh schon abgereist waren, wie sie ihm am Abend zuvor noch mitgeteilt hatten. Um 9 Uhr belud Die Reisegruppe die Kutsche. Dem Postmeister Lahmer fiel ein Bündel auf, das die junge Frau mit dem Postkutscher und dem Pferdejungen auflud. Es schien schwer zu schein. Warum half dabei die Frau und nicht der andere Postkutscher und wo war dieser? Schließlich fuhr die Kutsche ab und Lahmer wollte nun die Zimmer reinigen. Als er jedoch das Zimmer der jungen Frau betrat, klebte überall Blut an den Wänden. Er informierte das Patrimonialgericht des Grundherrn von Meitingen und zeigte das Verbrechen an. Dieser sandte berittene Gerichtsdiener, um die Verdächtigen zu verhaften. Am Gögginger Tor in Augsburg stellten sie die Verdächtigen. Als sie die Kutsche durchsuchten, fanden sie das schwere Bündel, in dem sich eine Frauenleiche befand. Schockiert über den Fund befragten sie die Reisegruppe. Doch nur der 14 Jahre alte Pferdeknecht namens Carl Marschall fing an zu reden. Dieser erklärte, dass der Pferdekutscher Antoine in Wahrheit sein Schwager Joseph Antonini und die junge Frau dessen Ehefrau und seine Schwester Maria Therese Antonini war. Die tote Frau war Dorothea Blankenfeld, die sie in Dresden mitgenommen und in Meitingen ermordet hatten. Das Ehepaar stritt dies jedoch ab und sagte aus, dass Carl Marschall ohne ihr Wissen Dorothea Blankenfeld ermordet hatte. Maria Therese Antonini behauptete ihren Bruder vor der Strafverfolgung schützen gewollt zu haben und darum hatte sie geholfen, die Tat zu vertuschen. Ferner bezeichnete sie ihren Bruder als verdorbenes Früchtchen, der seinen Vater heimtückisch ermordet und seine Schwester umbringen wollte. Sie wollte ihm eine letzte Chance mit der Reisebegleitung als Pferdeknecht geben. Die Obduktion ergab, dass auf Dorothea Blankenfeld insgesamt 9 Mal mit einem stumpfen Gegenstand eingeschlagen worden war. Ihre Hirnschale hatte einen großen Sprung, der sich vom oberen Stirnbein über die linke Schädelseite im Halbkreis bis zum Schläfenbein erstreckte. Doch diese war nicht an den Wunden, sondern an einer weiteren Gewalteinwirkung gestorben. Außerdem war Dorothea Blankenfelds Schlüsselbein gebrochen und die Hände des Opfers wiesen Hautabschürfungen auf und waren angeschwollen. Die Beamten glaubten nicht, dass der Junge der Alleintäter war. Darum verhörten sie das Ehepaar unentwegt. Nach dem 19. Verhör bestätigte Maria Therese Antonini die Version ihres Bruders. Ihr Ehemann leugnete eine Tatbeteiligung weiterhin. Joseph Antonini war ein 30 Jahre alter Mann, der in Messina als Sohn eines Tuchmachers geboren wurde. Er erlernte den Beruf des Perückenmachers und wurde angeblich bei einer Seereise nach Neapel von algerischen Piraten entführt, die ihn auf dem Sklavenmarkt verkaufen wollten. Aber das Piratenschiff wurde vor der ägyptischen Küste von einem französischen Kriegsschiff geentert. Dadurch konnte er nach Hause zurückkehren. Er diente anschließend als Trommelschläger bei einem korsischen Bataillon der französischen Armee. Danach schlug er sich als Lohndiener und Marketender durch bis er Arbeit bei der Postillion fand. Fraglich, ob dieser abenteuerliche Lebenslauf nicht einem reinen Fantasiekonstrukt von Joseph Antonini entsprungen war. Fakt war, dass Joseph Antonini bereits zweimal aktenkundig bei der Polizei geworden war. Einmal wegen des Verdachts einen Diebstahl begangen zu haben und ein zweites Mal wegen des Verdachts, dass das Ehepaar gestohlene Gegenstände bei sich hatte. Da das Ehepaar nicht nachweisen konnte, dass ihnen die Gegenstände gehörten, wurden sie verhaftet, aber nach 8 Tagen wieder freigelassen. Als Joseph Antonini im Gefängnis saß, hatte er einem Mithäftling gestanden, dass er 300 Louisdors sowie mehrere Brillantringe geraubt hatte und aus dem Gefängnis aus Erfurt ausgebrochen war. Seine 26 Jahre alte Ehefrau Maria Therese und ihr Bruder Carl Marschall stammten aus Berlin. Ihr Vater war ein Fabrikarbeiter, der in großer Armut lebte. In Berlin hatte Maria Therese ihren Ehemann kennen gelernt, den sie 1806 in Küstrin heiratete. Wovon das Ehepaar lebte, wusste niemand. Als sie im Oktober 1809 wegen des Besitz der gestohlenen Gegenstände aus der Haft in Berlin entlassen wurden, planten sie gemeinsam mit Carl in die Heimatstadt ihres Mannes Messina zu reisen. In Dresden hatte sich Carl und Joseph beim Sekretär als Armee-Postillione wegen den Reisepässen ausgegeben. Später nahm dessen Ehefrau die Rolle des zweiten Postkutschers ein und Carl wurde der Pferdejunge. Das Trio brauchte Geld und als sie in Dresden die gut gekleidete Dorothea Blankenfeld kennen lernten, heckten sie den Plan aus, diese zu ermorden. Zunächst wollten sie diese im Schlaf durch Rauch ersticken. Dann planten sie diese in eine Todesschlucht zu werfen, waren sich aber nicht sicher, ob sie Dorothea nicht lieber erschlagen sollten. Jedes Mal diskutierte das Trio über die perfekte Mordmethode, so dass sie ihren Plan nur noch in der letzten Station in Meiting durchführen konnten. Zuvor hatten sie Dorothea mit einem Glühwein, in dem Opium war, betäubt, um zu erfahren, ob sich der Mord lohnte. Zwar gab es kein Bargeld im Koffer, dafür gab es Schmuck, teure Kleidung und feine Wäsche. Auf der Fahrt nach Meiting entlockte Joseph Antonini durch Schauermärchen Dorothea Blankenfeld, dass diese ein goldenes Korsett trug, in dem 2.000 Preußische Reichstaler in Gold eingenäht waren. Damit war ihr Todesurteil endgültig besiegelt. Als Mordwaffe fand Carl in Meiting eine Mangrolle, mit dieser wollten sie Dorothea Blankenfeld erschlagen. Sie betäubten diese mit Alkohol, in den sie Opium mischten. Carl sah gegen Mitternacht durch die Verbindungstür nach, ob diese schlief. Als dem so war, teilte er dies seinem Schwager und seiner Schwester mit, die nun erneut über die Tötungsmethode diskutierten. Joseph Antonini wollte nun Dorothea Blankenfeld durch flüssiges Zinn, das er in ihr Ohr träufeln wollte umbringen. Carl hingegen wollte, dass Zinn lieber in ihre Augen fließen lassen. Doch von dieser Methode kamen sie wieder ab, da das Zinn zu schnell erkaltete. Um vier Uhr begab sich Carl mit der Mangrolle in der Hand und seinem Schwager im Gepäck in Dorothea Blankenfelds Zimmer. Diese schlief selig. Nun forderte Joseph Antonini seinen Schwager auf diese zu erschlagen. Der Junge zögerte, so dass Joseph Antonini dessen Arme nahm, in die Höhe streckte und gegen Dorotheas Kopf schlug. Diese schreckte hoch. Doch Joseph Antonini drückte sie nach unten, während nun seine Frau ins Zimmer stürmte und sie an den Füßen festhielt. Dorothea Blankenfeld flehte um ihr Leben. Carl bekam plötzlich Angst und wollte abhauen. Doch seine Schwester schnappte ihn und schob ihn zurück aufs Bett. Er musste erneut mit dem Mangholz zuschlagen, ließ dieses aber sogleich fallen. Joseph Antonini erschrak so sehr, dass er Dorothea Blankenfeld los ließ, die zur Tür rannte. Aber Joseph Antonini konnte sie noch rechtzeitig schnappen und schlug mehrmals auf diese mit dem Mangholz ein. Danach riss er ihr das Nachthemd herunter und das Korsett vom Leib. Er wollte die Sterbende auf dem Misthaufen entsorgen und dort verscharren. Aber sie war zu schwer, weshalb sie in der Stube blieb, da sie noch lebte, nahm Joseph Antonini eine Schnur, legte diese um ihren Hals und zog zu bis sie tot war. Danach wurde sie in einen Sack gesteckt, der in eine Bettdecke eingewickelt und verschnürt wurde. Am nächsten Tag zog Maria Therese die Kleider der Toten an, um in deren Rolle zu schlüpfen. Doch der Schwindel flog schnell auf und wenige Stunden nach der Abreise wurde das Trio Infernale bereits geschnappt. Vom königlichen Appellationsgericht zu Neuburg wurde Joseph und Maria Therese Antonini wegen dem Mord an Dorothea Blankenfeld zum Tode durch das Schwert verurteilt. Dieses Urteil wurde in zweiter Instanz bestätigt. Laut der Münchener Politischen Zeitung starb Joseph Antonini noch vor der Urteilsvollstreckung am 6.6.1811 an Vereiterung der Lungen im Gefängnis. Am 1. Juli 1811 wurde seine Ehefrau Maria Therese Antonini hingerichtet. Aufgrund seines jugendlichen Alters und seinem Geständnis wurde Carl Marschall zu 10 Jahren im Arbeitshaus verurteilt. Damit war die letzte Reise von Dorothea Blankenfeld endgültig Geschichte. Dir wünsche ich viel Freude mit meinen Fotos von Messina, dem Geburtsort von Joseph Antonini, wohin das Trio Infernale reisen wollte. 🙂

Verfasst von

Webseite: www.isabellamueller.com . Email: post@isabellas.blog . Instagram: @isabella_muenchen . Facebook: @IsabellaMuenchen . Twitter: @IsabellaMuelle9