Das Scheusal

Isabella Mueller @isabella_muenchen Lindau Bodensee

Ein unglaublicher Mordfall an einem jungen Mädchen, der fast 30 Jahre lang, die deutsche und französische Justiz beschäftigte und nur aufgeklärt wurde, da der leibliche Vater den Mörder entführte, war der Kriminalfall Kalinka Bamberski. Kalinka Bamberski war eine 14 Jahre alte Französin, die im Juli 1982 in Scheidegg im Landkreis Lindau, das als Sonnenterrasse über den Bodensee gilt, zusammen mit ihrer Mutter und ihrem jüngeren Bruder Nicolas im Haus ihres Stiefvaters, dem deutschen Kardiologen Dieter Krombach, ihre Sommerferien verbrachte. Völlig unerwartet wurde das gesunde Mädchen am Morgen des 10. Juli 1982 um 10 Uhr von ihrem Stiefvater tot in ihrem Bett vorgefunden. Ihr Stiefvater gab bei der Polizei an, dass er ihr am Vorabend eine Eiseninjektion gegeben hatte, da Kalinka über Unwohlsein geklagt hatte. Ferner sagte er aus, dass er ihr Medikamente in Herz und Unterschenkel zur Wiederbelebung gespritzt hatte, obwohl die Leichenstarre bereits eingesetzt hatte. Danach gab er zu ihr neben Beruhigungsmitteln zum Einschlafen ihr auch ein Bräunungsmittel injiziert zu haben, da Kalinka, die eine begeisterte Surferin war, unbedingt richtig braun sein wollte. Dieter Krombach, der ein angesehener Arzt war, reichte, dass die Leiche von Kalinka ohne Einbeziehung der Kriminalpolizei in die Leichenhalle transportiert worden war. Erst zwei Tage später veranlasste die Staatsanwaltschaft Kempten die Obduktion des Leichnams, die der Landgerichtsarzt Höhmann zusammen mit dem Oberarzt Dohmann durchführte. Der Todeszeitpunkt wurde zwischen drei und vier Uhr morgens bestimmt. Die Todesursache konnte allerdings nicht eindeutig geklärt werden. Zwar wurde eine Verletzung an der Vagina festgestellt, aber nicht dokumentiert, ob Kalinka noch Jungfrau war oder ob sie vor ihrem Tod Geschlechtsverkehr hatte. Zudem war das Medikament, das Krombach Kalinka zur Bräunung gespritzt hatte, dafür gar nicht geeignet und höchst gefährlich. Doch trotz all dieser mysteriösen und dubiosen Umstände und der Tatsache, dass Krombach während der Autopsie anwesend war, stellte die Staatsanwaltschaft Kempten am 17. August 1982 nur einen Monat nach Kalinkas Tod ihre Ermittlungen ein. Kalinka wurde in Frankreich bestattet. Nachdem ihr Vater, André Bamberski, im September 1982 von seiner Ex-Frau Danielle, die ihn damals für Dieter Krombach verlassen hatte, eine Kopie des Obduktionsberichtes erhalten hatte, war er sich sicher, dass Dieter Krombach seine Tochter vergewaltigt und ihr Betäubungsmittel verabreicht hatte, die ihren Tod verursacht hatten. Denn der angegebene Todeszeitpunkt konnte nicht stimmen, da die Hälfte des Abendessens etwa 3 Liter, nicht verdaut waren. Kalinka musste daher bereits am Freitagabend den 9. Juli gestorben sein. André Bamberski strengte daraufhin mehrere Verfahren an. Da Kalinka Französin und in Frankreich beerdigt war, erreichte ihr Vater, dass ihr Leichnam am 4. Dezember 1985 in Frankreich exhumiert wurde. Dabei wurde festgestellt, dass ihre Genitalien entweder inzwischen verwest oder aber in Deutschland bei der Autopsie entfernt worden waren. Aber das Oberlandesgericht München sah keine Hinweise auf ein Verbrechen und erklärte den Fall fünf Jahre später endgültig für erledigt. André Bamberski erstattete jedoch bei den französischen Behörden Strafanzeige gegen Krombach. Dieser wurde 1995 von einem Pariser Schwurgericht in Abwesenheit wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu 15 Jahren Haft verurteilt. Da aber die Ermittlungen in Deutschland eingestellt worden waren, lehnten die deutschen Behörden eine Auslieferung von Krombach ab. Da kein Verteidiger Krombach 1995 vertreten hatte, hob der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Urteil gegen Krombach auf, aber der Haftbefehl blieb bestehen. Zwischenzeitlich wurde Dieter Krombach 1997 wegen Vergewaltigung einer 16 Jahre alten Patientin in seiner Praxis, die er zuvor betäubt hatte, zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Danach musste er seine Praxis in Lindau verkaufen. Er war nun gesellschaftlich geächtet. Anschließend arbeitete er ohne Zulassung als Arzt in verschiedenen Kliniken und Arztpraxen weiter. Dafür musste er von Ende 2006 bis 2008 ins Gefängnis. Dies bestätigte Kalinkas Vater nur noch mehr, dass Dieter Krombach, Kalinkas Mörder ist. André Bamberski, der sein Berufs- und Privatleben für die Aufklärung der Tötung seiner Tochter geopfert und den Verein “Justice pour Kalinka” gegründet hatte, sah nur noch eine Chance, Dieter Krombach als Täter zu überführen. Da der Haftbefehl noch bestand, ließ er am 18. Oktober 2009, nach 27 Jahren, Dieter Krombach aus seinem Haus in Scheidegg entführen und gefesselt ins französische Mulhouse in ein Gerichtsgebäude bringen. So konnte am 29. März 2011 der Prozess gegen Dieter Krombach, der bei der Entführung eine Schädelfraktur erlitten hatte, eröffnet werden. Am 22. Oktober 2011 wurde er in Frankreich zu 15 Jahren Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt. André Bamberski, der in Frankreich wie ein Volksheld gefeiert wurde, erhielt wegen der Entführung von Dieter Krombach am 18. Juni 2014 eine Bewährungsstrafe von einem Jahr. Aufgrund des gesundheitlich schlechten Zustands von Dieter Krombach wurde dieser am 21. Februar 2020 aus der Haft entlassen. Er starb am 12. September 2020 im Alter von 85 Jahren im Altenheim bei Winsen. Der Mordfall war so spektakulär, dass er 2016 als Film unter dem Titel “Im Namen meiner Tochter – Der Fall Kalinka” erschien. Dir wünsche ich viel Freude mit meinen Fotos von der Bodenseeperle Lindau. 🙂

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