Am 29. Juli 1986 ereignete sich im Zimmer 418 des Polizeipräsidiums am Berliner Tor in Hamburg ein wahres Horror-Szenarium, das den als Auftragsmörder bekannten Werner Pinzner in Deutschlands Kriminalgeschichte eingehen ließ. Werner Pinzner, auch Mucki genannt, wurde am 27. April 1947 in Hamburg-Bramfeld als Sohn eines Rundfunkmechanikers und einer Verkäuferin geboren. Ohne Abschluss in der Tasche brach er die Schule ab und schlug sich mit diversen Jobs durchs Leben. Er heiratete und wurde Vater einer Tochter. Doch die Ehe zerbrach. Später heiratete er erneut. Seine kriminelle Karriere begann im August 1995 als er zusammen mit zwei Komplizen einen Supermarkt überfiel und dabei der Marktleiter erschossen wurde. Dafür wanderte der damals 28 Jahre alte Werner Pinzner für zehn Jahre in die Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel ein, in der er anfing Heroin und Kokain zu konsumieren. Im Knast machte er Bekanntschaft mit Kiezgrößen aus St. Pauli, die ihn schon immer mit ihrem luxuriösen Lebensstil faszinierten. Werner Pinzner, eine gescheiterte Existenz, sah seine Chance selbst eine Größe im Hamburger Rotlichtmilieu zu werden. Er wollte im Milliarden Markt für Drogen, Sex und Waffenhandel mitmischen. Doch dafür musste er sich beweisen. Wegen guter Führung wurde er ein Jahr vor seiner Entlassung in den offenen Vollzug in die Justizvollzugsanstalt Vierlande verlegt. Dort wurde jedem Häftling ein Schließfach genehmigt, das aber nicht kontrolliert wurde. In diesem Schließfach deponierten Bekannte für Werner Pinzner einen Revolver der Marke Arminus mit 38 Kaliber Spezial. Dieser Qualitätsrevolver “Made in Germany” wurde Pinzners Mordwaffe und zugleich das Ticket für Hamburgs Rotlichtmilieu. Sein erneuter Einstieg in die Kriminalität begann im Juni 1984 mit einem Raubüberfall, den er gemeinsam mit zwei Komplizen begann. Danach legte er eine steile Karriere als Auftragskiller in St. Paulis Rotlichtkreisen hin, die ihm den Namen St. Pauli Killer einbrachten. Sein erster Auftragsmord war der Mord an dem früheren Bordellbesitzer namens Jehuda Arzi. Auftraggeberinnen waren seine Ehefrau und deren Tochter. Er kassierte dafür 30.000 Mark. Im Juli 1984 wurde er aus der Haft entlassen. Seit Ende der 1970er bis Mitte der 1980er Jahre herrschte Krieg im Hamburger Rotlichtmilieu zwischen der Nutella-Bande, der alteingesessenen GMBH und der Chikago-Bande. Dies nutzte Pinzner und ließ sich als Auftragskiller der Chikago-Bande anwerben. In dieser hatte Peter Nusser, besser bekannt als die Kiez-Größe “Wiener-Peter” seine Hauptaktivitäten. Im Auftrag von Peter Nusser ermordete er immer per Kopfschuss im September 1984 den Bordellbesitzer Peter Pfeilmaier, auch als “Bayern-Peter” bekannt, im November 1984 den Bordellbetreiber Dietmar Traub, besser bekannt als “Lackschuh-Dieter” und am Ostermontag 1985 den Bordellier Waldemar Dammer sowie dessen Wirtschafter Ralf Kühne. Da Pfinzner als Killer seine Arbeit ohne viel Lärm und Blut verrichtete, durfte er ab und zu sich auf Nussers Yacht auf Ibiza sonnen, mehr aber auch nicht. Denn auf der Reeperbahn blieb er lediglich der Handlanger der mächtigen Kiez-Größen. Die Polizei hatte in der Zwischenzeit die Sonderkommission 855 im Mai 1985 eingerichtet und bekam einen heißen Tipp durch einen Insider, der zu Werner Pfinzner führte. Am 10. April 1986 wurde dieser von einem schwerbewaffneten Einsatzkommando aus dessen Wohnung in der Steilshopper Str. 77 geholt und verhaftet. Er gestand acht Morde begangen zu haben und kooperierte sowohl mit der Polizei als auch mit der Staatsanwaltschaft. Sein Geständnis führte dazu, dass der “Wiener Peter” zu 15 Jahren Haft verurteilt und nach Österreich abgeschoben wurde. Damit Werner Pfinzner nicht weiter über das Hamburger Rotlichtmilieu auspackte, soll für dessen Ermordung ein Kopfgeld in Höhe von 300.000 Mark ausgesetzt worden sein. Die Polizei vermutete, dass bei seiner Anhörung am 29. Juli 1986 ein Anschlag auf ihn verübt werden könnte. Darum fand das Gespräch, in dem er dem 40 Jahre alten ermittelnden Staatsanwalt Wolfgang Bistry alles erzählen wollte, im Sicherheitstrakt des Polizeipräsidiums im vierten Stock im Zimmer 418 statt. Anwesend waren neben dem Staatsanwalt, Werner Pfinzner, seine Ehefrau Jutta Pfinzner, seine Rechtsanwältin Isolde Oechsle-Misfeld, die Sekretärin Gitta Berger sowie zwei Polizeibeamte. Nachdem der Staatsanwalt das Gespräch eröffnete hatte und Pfinzner um eine Aussage bat, zog dieser völlig unerwartet einen Revolver und sagte: “So meine Herren, das ist eine Geiselnahme”. In diesem Moment sprang der Staatsanwalt auf, den Pfinzner in den Brustkorb und in den Kopf schoss, so dass dieser im Vernehmungszimmer zu Boden sank. Die Polizisten flüchteten aus dem Zimmer, denen Pfinzner zwar hinterher schoss, diese aber nicht traf. Die Polizeibeamten schlugen Alarm. Krankenwagen rasten zum Polizeipräsidium und ein Helikopter wurde geordert. Unterdessen hatte Pfinzner die Zimmertür mithilfe eines Tisches verbarrikadiert. Er rief seine Tochter an und verabschiedete sich von ihr mit den Worten: “Birgit, ich liebe Dich”. Danach begab er sich zusammen mit seiner Ehefrau Jutta in die Mitte des Raumes. Sie knieten sich nieder. Dann drückte Pfinzner Jutta den Revolverlauf in den Mund und drückte ab. Danach jagte er sich auf dieselbe Weise eine Kugel in den Kopf. Als kurze Zeit später das Sondereinsatzkommando das Zimmer stürmte, fanden diese Werner Pfinzner und seine Ehefrau tot vor. Sowohl die Sekretärin als auch die Rechtsanwältin waren unversehrt. Der schwerverletzte Staatsanwalt Bistry wurde in die Universitätsklinik Eppendorf gebracht. Am nächsten Tag erlag er seinen schweren Verletzungen. Dieser Vorfall erschütterte ganz Hamburg und warf die Frage auf, wie Pfinzner überhaupt einen Revolver ins Polizeipräsidium bekommen hatte. Die Frage konnte schnell geklärt werden, da seine Anwältin Isolde Oechsle-Misfeld die Waffe ins Gebäude geschmuggelt und diese an Jutta Pfinzner völlig unbemerkt übergeben hatte. Diese versteckte den Revolver in ihrem Slip und schob ihn heimlich ihrem Mann zu, was dann passierte schrieb deutsche Kriminalgeschichte und zeigte die Sicherheitsmängel in Hamburgs Behörden und Gefängnissen auf. Dies führte dazu, dass die Justizsenatorin Eva Leithäuser und der Innensenat Rolf Lange zurücktraten. Isolde Öchsle-Misfeld wurde wegen Mithilfe am 30. Juli 1988 zu fünf Jahren und neun Monate Haft verurteilt. Durch ein Tagebuch, das Fahnder in Pfinzners Zelle fanden, kam heraus, dass Isolde Oechsle-Misfeld regelmäßig auch Rauschgift für Werner Pfinzner ins Gefängnis geschmuggelt hatte. Insgesamt soll Werner Pfinzner 14 Morde, seinen eigenen mit eingeschlossen begangen haben. Durch seine Tat am 29. Juli ging der kleine Auftragskiller Werner Pfinzner in die Kriminalgeschichte Deutschlands als der Killer von St. Pauli ein, der bis heute zu einem der spektakulärsten Kriminalfälle der deutschen Nachkriegszeit zählt. Dir wünsche ich viel Freude mit meinen Fotos von Hamburgs herrlichem Alstersee. 🙂













