Ein Politikersohn auf kriminellen Abwegen und dann noch in einen Mordfall verwickelt, das war natürlich eine politische Katastrophe für einen ranghohen Kommunalpolitiker. Deshalb wurde alles so arrangiert, dass am Ende der junge Spross mit einer Bewährungsstrafe und Sozialstunden davon kam, während seine beiden Komplizen hinter schwedischen Gardinen landeten. Aber der Reihe nach. Der 41 Jahre alte Heizungsmonteur Peter Wilhelm Kaffenberger aus Münster war in der Nacht zum 29. Juli 1995 zwischen 1.30 bis 1.45 Uhr in seinem Ford Fiesta auf der B 26 bei Dieburg unterwegs, als ihn ein Auto überholte und der Beifahrer mit einer Pump Gun auf ihn grundlos schoss. Die Schrotkugel durchschlug die Kopfstütze und drang in den Hinterkopf von Peter Wilhelm Kaffenberger, der am Abzweig B 26 zur B 45 in die Leitplanke raste. Er verstarb wenig später an seinen Verletzungen in der Universitätsklinik Gießen. Wer und vor allem warum musste Peter Wilhelm Kaffenberger sterben? Es gab keine Zeugen, aber eine Patronenhülse wurde am Tatort gefunden. Die Polizei tappte völlig im Dunkeln, wer Peter Wilhelm Kaffenberger erschossen hatte. Doch dann kam der Polizei der Zufall zur Hilfe. Im September 1996 kontrollierte eine Polizeistreife auf einem Waldparkplatz bei Weiterstadt zwei junge Männer und deren Fahrzeuge. Eine der beiden Fahrzeuge hatte ein gestohlenes Kennzeichen. Im Fahrzeug fand ein Polizist eine Unmenge an Einbruchswerkzeugen sowie eine Maverick Pump Gun. Diese stellte sich als die Mordwaffe von Peter Wilhelm Kaffenberger heraus. Bei den jungen Männern handelte es sich nicht um gewöhnliche Kleinkriminelle, sondern vielmehr um Abiturienten, die aus einem gutbürgerlichen Elternhaus stammten. Einer der beiden jungen Männer stammte aus Babenhausen und wollte Jura studieren. Sein Freund entpuppte sich als Sohn eines hochrangigen Kommunalpolitikers aus Dieburg. Bei den Ermittlungen stellte sich heraus, dass das Duo in Wirklichkeit ein Trio war. Der dritte Mann war ein 19 Jahre alter Industriekaufmann aus Sickenhofen. Die drei Computerfreaks hatten 16 Monate lang mit Autodiebstählen und Einbrüchen die Region unsicher gemacht und sogar kaltblütig einen Menschen ermordet, was jedoch vor allem der Politikersohn vehement abstritt. Dieser galt als Kopf der Bande, auf dessen Initiative das Trio nach Straßburg gefahren war, um für jeden ein Schrotgewehr und Munition zu erwerben, die sie über die Grenze schmuggelten. Nur wenige Wochen danach schossen sie auf Verkehrsschilder und auf eine Radarkamera, da sie nach einem versuchten Überfall auf eine Tankstelle in der Nähe von Hanau geblitzt worden waren. Auch Bomben basteln stand auf ihrer Agenda. Es ging einzig allein um die Zerstörungslust. Ihre Einbruchstouren verabredete das Trio per Email. Diese wurden von der Polizei gesichert. Doch die Staatsanwaltschaft ließ vor dem Prozess die Festplatte formatieren, so dass alles vollständig gelöscht war. Darüber hinaus verschwanden auf wundersame Weise Beweise. So auch die Schmauchspuren am Schädel des Toten, die nicht weiter untersucht, sondern aus Platzmangel vernichtet wurden. Damit konnte nicht bewiesen werden, dass Kaffenberger aus nächster Nähe, sondern aus einer Distanz von 5-6 Meter erschossen wurde. Alles stank zum Himmel. Für den Mord an Peter Wilhelm Kaffenberger war vor der Entdeckung der Tatwaffe ein 23 Jahre alter Mann aus Aschaffenburg verhaftet worden, der 6 Monate in U-Haft saß. Dieser beschuldigte die Sonderkommission der Kriminalpolizei, ihn zu einem falschen Geständnis gezwungen zu haben. Dies erging dem 19 Jahre alten Industriekaufmann aus Sickenhofen ähnlich, der von denselben Polizisten zum Geständnis gezwungen wurde, auf Kaffenberger geschossen zu haben. Er sollte zum Sündenbock gemacht werden, damit der Politikersohn, der wahrscheinlich in einem Fahrzeug hinter Kaffenberger hinter her gefahren war und per Lichthupe oder Handy seinen Freunden den freien Schuss signalisierte hatte, fein raus war. Der Fahrer des Mordwagens, der Jura Student in spe und beste Freund des Politikersohns, gab an, dass sein Freund, der Industriekaufmann, völlig überraschend auf Kaffenberger geschossen hatte, als er diesen überholt hatte. Letztendlich wurde der Industriekaufmann, der als Beifahrer den Schuss auf Peter Wilhelm Kaffenberger aus Spaß wie in PC-Spielen abgegeben hatte und der Fahrer des Wagens, der angehende Jura-Student aus Babenhausen im Mai 1988 vor dem Landgericht Darmstadt wegen des Mordes an Peter Wilhelm Kaffenberger verurteilt. Der Industriekaufmann, der sein Geständnis widerrufen hatte, bekam 7 Jahre Haft. Der Politikersohn blieb außen vor. Er wurde in einem 3-stündigen Prozess vor dem Jugendschöffengericht Dieburg, der insgesamt nur 4 Wochen U-Haft verbüßt hatte, zu einer Bewährungsstrafe sowie 400 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt, so dass er pünktlich zum ersten Semester auf der Studienbank sitzen konnte. Geld regiert eben die Welt. In diesem Sinne viel Freude mit meinen Fotos vom malerischen Schlossgarten in Dieburg, der Heimat des Politikersohns. 🙂
















