Nach Ende des Ersten Weltkrieges, dem Zerfall der Monarchie und der Ausrufung der Republik war Wiens Bevölkerung von den Krisenjahren gezeichnet. Danach folgte eine Hochzeit, die als die Goldenen Zwanziger bezeichnet wird. Durch umfangreiche Spar- und Sanierungsmaßnahmen sowie Auslandskredite gelang es Bundeskanzler Ignaz Seipel die Inflation zu stoppen. Der Schilling, der 1924 eingeführt wurde, wurde zur stabilen Währung, die aufgrund dessen den Beinamen “Alpen-Dollar” erhielt. Diese Zeit des Umbruchs ist auch als die wilden Zwanziger bekannt, in denen die Gesellschaft alles Altes über Bord warf. Wien wurde zur Metropole, in der eine neue Vergnügungsindustrie entstand, die von einem lasziven Nachtleben geprägt war. Tanzbars boomten, da die Menschen sich amüsieren wollten und Charleston wurde zu dem Tanz der Goldenen Zwanziger. Einer, der regelmäßig in Tanzbars verkehrte war der junge Goldschmied Franz Lengsfeld, der dort 1922 die hübsche Schneiderin Marie Bischof kennen und lieben lernte. Wie in den Goldenen Zwanzigern typisch trug auch Marie einen Kurzhaarschnitt mit gelegter Wasserwelle. Marie war wegen Diebstahls mehrfach vorbestraft und hatte nicht nur sexuellen Kontakt zu Franz, auch mit anderen Männern vergnügte sie sich gern, was Franz nicht störte. Doch umgekehrt galt dies nicht für Franz, den Marie aufgrund ihrer Eifersucht permanent stalkte und selbst Männer bezahlte, die Franz nachts überwachen mussten, damit sie wusste, ob dieser anderen Frauenbesuch hatte. Als Franz einmal mit einer anderen tanzte, rastete Marie völlig aus und bedrohte Franz mit einem Messer. Das Personal warf Marie daraufhin aus der Tanzbar und Franz distanzierte sich endgültig von Marie. Diese nutzte fortan jede Gelegenheit, um Franz in der Öffentlichkeit bloß zu stellen und gegen ihn Morddrohungen auszusprechen. Am Abend des 30. Juni stand sie vor seinem Wohnhaus und wollte, dass Franz mit ihr spreche. Dieser fürchtete sich jedoch auf die Straße zu kommen, weshalb Marie begann laut zu schreien. Daraufhin baten ihn seine Brüder mit Marie zu sprechen, damit diese nicht die ganze Nachbarschaft aufschrecke. Franz ging der Bitte nach und Marie beruhigte sich. Sie war äußerst nett, so dass Franz mit Marie in eine Gaststätte einkehrte und sie danach zu ihrem Wohnhaus in der Haslingergasse 9 brachte, wo er ihr half das Haustor aufzuschließen. Just in diesem Moment zog Marie eine Pistole aus ihrer Handtasche und schoss auf Franz. Dieser brach zusammen. Passanten, die alles beobachtet hatten, trennten Marie von Franz und riefen den Krankenwagen, der den Schwerverletzen ins Krankenhaus brachte, wo er kurze Zeit später verstarb. Da Marie die Vorsätzlichkeit der Tat nicht nachgewiesen werden konnte, wurde diese für den Totschlag an Franz Lengsfeld zu 5 Jahren Kerker verurteilt. So dramatisch endete die einstige Tanzbar- Liaison. Dir wünsche ich viel Freude mit meinen Fotos vom Brunnenmarkt, dem längsten Markt Wiens, der sich im 16. Wiener Gemeindebezirk Ottakring befindet, in dem einst Marie Bischof in der Haslingergasse 9 ihre Wohnung hatte, vor der sie auf Franz geschossen hatte. 🙂




















