Der Raubmord, der deutsche Kriminalgeschichte schrieb

Isabella Mueller @isabella_muenchen Wien

Ein Raubmord an einem Klavierhändler in Frankfurt am Main ging in die deutsche Kriminalgeschichte ein, da erstmals in Deutschland ein Täter anhand eines Fingerabdruckes identifiziert werden konnte. Am 26. Februar 1904 fanden vier Männer den Klavierhändler Hermann Lichtenstein im Geschäftshaus Zeil 69 in Frankfurt am Main tot in einer Blutlache vor einem Bechsteinflügel liegend vor. Dabei war sein Kopf übel zugerichtet worden und um seinen Hals lag ein Strick. Wer hatte den renommierten Geschäftsmann ermordet? Hermann Lichtenstein ein Mitfünfziger betrieb seit Jahrzehnten erfolgreich in der Mainmetropole Frankfurt sein Klaviergeschäft. Wie jeden Tag war er auch am Samstag bereits um 8 Uhr im Geschäft, wo er für seine Ehefrau einen Strauß Nelken an seine Privatadresse schicken ließ, da sie sich genau an diesem Datum genau vor 20 Jahren verlobt hatten. Er wollte dieses besondere Ereignis abends mit seiner Ehefrau und den vier gemeinsamen Kindern feiern. Sein Bruder kam gegen 11 Uhr im Klaviergeschäft vorbei. Danach ging sein treuer Mitarbeiter Andreas Schick um 12 Uhr zum Essen. Erst wenn dieser zurückkam, erlaubte sich Lichtenstein auch zu Mittag zu essen. Lichtenstein schloss kurz nach 12 Uhr noch einen Mietvertrag für ein Klavier mit einer Frau namens Erdbrügge ab, die sein Geschäft gegen 12.20 Uhr wieder verließ. Danach rief der junge Pianist Ernesto Consolo an, der mit ihm einen Termin für 13 Uhr vereinbarte. Kurz vor 13 Uhr betrat ein Weinhändler den Laden, um ein Piano zu kaufen. Doch er ging wieder, da anscheinend niemand da war. Im Gang begegnete ihm der Vorsteher des Anwaltsbüros aus dem 2. Stock, an denen der Pianist Consolo vorbei eilte. Dieser fragte die beiden Herren, ob sie Angestellte im Klavierladen seien, da er um 13 Uhr mit einem Herr Lichtenstein verabredet war. Als diese verneinten, beschlossen sie im Geschäft nachzusehen. Beim Betreten des Geschäfts fiel ihnen auf, dass die Schubladen aufstanden und der Kassenschrank geöffnet war. Der junge Musiker holte einen Polizisten. Mit diesem gingen sie durch die Räume der Klavierhandlung, wo sie im letzten Zimmer den toten Lichtenstein vorfanden. Daraufhin informierte der Polizist die Mordkommission. Die Kriminalkommissare sicherten den Tatort und fertigten eine Tatortskizze an. Bei der Tatortuntersuchung fanden sie einen Manschettenknopf mit eingraviertem Hufeisen sowie einen blutigen Fingerabdruck an Lichtensteins Hemdkragen. Insgesamt hatten die Täter 800 Mark, eine goldene Uhr mit der Gravierung “Leopold”, eine goldene Panzeruhrkette, eine Nadel und zwei Hemdknöpfe mit Brillanten erbeutet, zu wenig für ein Menschenleben. Bei der Obduktion wurde festgestellt, dass Lichtenstein mit einem zwei Kilo Gewichtstein der Schädel eingeschlagen worden war. Eine Belohnung von 1000 Mark für sachdienliche Hinweise wurde ausgesetzt. Ein wichtiger Hinweis kam von Lichtensteins Angestellten Anton Schick, der aussagte, dass der 27 Jahre alte Oskar Bruno Groß aus Werdan in Sachsen, der bei der Klaviertransportfirma Schrimpf gearbeitet hatte, Lichtenstein gestern zusammen mit einem Wirt aus Offenbach namens Schumann besucht hatte. Er war überrascht, dass dieser jetzt Klavierverkäufe vermittelte. Die Polizei suchte Groß auf, der 183 Mark und 94 Pfennige bei sich hatte, die ihm seine Braut zum Möbelkauf geliehen hatte, was sich als wahr herausstellte. Jedoch fand die Polizei heraus, dass sich Groß in letzter Zeit mit einem Kutscher und Pferdeknecht namens Friedrich Stafforst im Café Bostel getroffen hatte, der die selben Manschettenknöpfe trug, die am Tatort gefunden worden waren. Darüber hinaus hatte Groß eine Flasche Salmiakgeist gekauft, um seine blutverschmierte Hose zu reinigen. Die Blutflecken stammten angeblich von einer Schlägerei mit einem Zuhälter. Die Polizei verhaftete Groß und auch Friedrich Stafforst, in dessen Tasche die Polizei die Uhr mit Gravur und die anderen gestohlenen Schmuckstücke fand. Stafforst gestand den Mord an Hermann Lichtenstein, den er zusammen mit Groß begangen hatte. Nach zwei Tagen wurde Stafforst nach Frankfurt verlegt und Groß, der die Tat bestritt, gegenüber gestellt. Vor dem Untersuchungsrichter gestand Groß die Ermordung an Lichtenstein, den er schon lange ausrauben und ermorden wollte. Einzig ein Komplize habe ihm gefehlt. Zuerst wollte er Lichtenstein mit dem Gastwirt Schumann ausrauben. Doch dieser bekam kalte Füße und verließ das Klaviergeschäft wieder. Danach traf er den Kutscher Stafforst. Mit diesem kaufte er in der Fahrgasse einen Strick und in der Großen Sandgasse einen zwei Kilo schweren Gewichtsstein. Dann setzen sie ihren Plan am 26. Februar 1904 in die Realität um. Stafforst schlug den Klavierhändler den Stein auf den Hinterkopf, der sich umdrehte. Es kam zu einem Handgemenge bis Lichtenstein schließlich tot war. Groß verstrickte sich immer wieder in Widersprüche und zog sein Geständnis wieder zurück. Im Mai 1904 kam es zu einer dreitägigen Gerichtsverhandlung, die von großem öffentlichem Interesse war. Selbst die Kinder sangen davon: “Auf der Zeil bei Lichtenstein, brachen Groß und Stafforst ein”. Im Prozess konnte der Chemiker Dr. Popp, ein Begründer der naturwissenschaftlichen Kriminalistik, erstmals den Täter durch den Fingerabdruck identifizieren. Denn der rechte Ringfinger von Groß stimmte mit dem blutigen Fingerabdruck am Umlegekragen des ermordeten Lichtenstein überein. Am 18. Mai 1904 wurde Groß und Stafforst wegen des Mordes und dem Raub an dem Klavierhändler Hermann Lichtenstein zum Tode verurteilt. Dieses Urteil wurde am 12. November 1904 im Hof des Gefängnisses Preungesheim um 7.45 Uhr morgens vollstreckt. Dir wünsche ich viel Freude mit meinen Fotos von Frankfurt am Main, wo einst Hermann Lichtenstein ermordet wurde. 🙂

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