Im Juni 1919 löste ein Lebensmittelskandal eine große Unruhe in Hamburgs Bürgerschaft aus, der in die Geschichte als der Sülze-Aufstand einging. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges bestimmten Hungers- und Wohnungsnot sowie wie Hungerlöhne den Alltag der Menschen in Hamburg. In dieser Zeit der katastrophalen Versorgungslage war ausgerechnet ein Fass schuld, dass die Masse sprichwörtlich zum Überlaufen brachte. Wie gewöhnlich lud der Fuhrmann Rüssau am Morgen des 23. Juni 1919 in der Kleinen Reichenstraße vor der Fleischfabrik “Heil & Co.” des Unternehmers Jacob Heil Fässer mit Fleischabfällen auf seinen Wagen, um diese nach Ochsenwerder zu den Bauern zu bringen, die damit ihre Felder düngten. Doch ein Fass fiel zu Boden und brachte den Inhalt von toten Ratten, Hunden und Katzen zum Vorschein. Die verfaulten Tierkadaver stanken bestialisch und lockten schnell eine Menschenmasse an. Die Bevölkerung war schockiert von dem Anblick und war sich sicher, dass der wohlhabende Fabrikant Jacob Heil aus diesen Tierkadavern seine delikate Sülze herstellte, die er immer mit dem Slogan: “Sülze von größtem Nährwert und delikatem Geschmack” anpries. Die empörte Bevölkerung, die mit großer wirtschaftlicher Not und Lebensmittelknappheit zu kämpfen hatte, stürmte kurzerhand das Fabrikgelände und entdeckte haufenweise Felle und Häute, die mit einer Schimmelschicht überzogen waren. Die Menschenmenge war so empört darüber, dass sie Lynchjustiz an dem Fabrikinhaber Jacob Heil begingen und ihn in die Kleine Alster warfen. Zwei Polizisten holten ihn aus dem Wasser und brachten ihn ins Rathaus, das die Bevölkerung daraufhin stürmen wollte. Nur durch das Abfeuern von Warnschüssen der Wachen konnte dies verhindert werden. Am nächsten Tag stellte die aufgebrachte Hamburger Bevölkerung weitere Fleischfabrikanten auf dem Rathausmarkt an den Pranger. Die Aufstände eskalierten immer mehr und sogar eine Handgranate explodierte. Neben dem Rathaus wurden Gefängnisse und Gerichtsgebäude von den Aufständischen erobert. Der Belagerungszustand ausgelöst durch den Sülze-Skandal nahm überhand, so dass der Reichswehrminister Gustav Noske beschloss am 1. Juli 1919 10.000 Soldaten unter dem Kommando von Generalmajor Paul von Lettow-Vorbeck in Hamburg einmarschieren zu lassen, um die Unruhen zu beenden. Die Reichswehr- und Freikorps-Truppen gingen gnadenlos gegen die Aufständischen vor. Insgesamt 80 Menschen kostete dieser Fleischskandal das Leben. Der Fabrikant Jacob Heil wurde am 25. Oktober 1919 “wegen Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetz”, da er verdorbenes Fleisch mit Kalk behandelt hatte, zu einer Geldstrafe von 1.000 Mark und 3 Monaten Gefängnis verurteilt. Damit war der Sülze-Aufstand Geschichte. Dir wünsche ich viel Freude mit meinen Fotos von Hamburgs Alster, in die einst Jacob Heil von der tobenden Masse geworfen worden war. 🙂















