Zehn Tage vor Weihnachten im Jahr 1954 erklomm tatsächlich ein Mann namens Johann Bergmann den Südturm des Wiener Wahrzeichens schlechthin, den Stephansdom. Grund war, dass er Weihnachten festlich feiern wollte. Darum drohte er sich hinunterzustürzen, wenn er nicht 3000 Schilling, umgerechnet 220 Euro, bekäme. Ein mutiger Vikar namens Franz Gruber kletterte schließlich selbst hinauf, um Johann Gruber 1000 Schilling zu überreichen. Gegen 20.30 Uhr war der Spuk zu Ende, als Johann Bergmann zur Vernunft kam und hinabstieg. Unten angekommen wurde er unterkühlt in polizeilichen Gewahrsam genommen. Zu dieser Zeit lebte Johann Bergmann in einem Männerwohnheim in der Wurlitzerstraße. Johann Bergmann, der sich selbst als Al Capone oder Staatsfeind Nr. 1 bezeichnete, wurde 1960 geboren und wuchs in schwierigen Verhältnissen auf. Seine Mutter war taubstumm und vernachlässigte Johann Bergmann genauso wie sein alkoholkranker Vater, der ihn immer wieder zu Diebstählen anstiftete, so dass er einige Zeit im Jugendknast verbrachte. Während seiner Jugend kam er in diverse Jugendanstalten, wo er wegen seiner großen Nase gehänselt wurde. Dort begann er auch eine Bäckerlehre. Insgeheim träumte er von einer Schauspielkarriere wie sein großes Vorbild Albin Skoda. Nach seinem Abstieg vom Stephansdom, liebevoll von den Wienerinnern und Wienern, Steffl genannt, beherrschte er für einige Tage die Medienlandschaft. Dieser plötzliche Ruhm gefiel dem geltungssüchtigen, aber mit Komplexen behafteten Johann Bergmann. Da eine Schauspielkarriere nicht realisierbar war, wollte er nun eine Kriminalkarriere starten, die ihn weltberühmt machen sollte. Er wollte wie Max Gufler, der “Teufel von St. Pölten” oder Alfred Engleder, der “Mörder mit dem Maurerfäustl” in die Kriminalgeschichte eingehen. Johann Bergmann, der mehrmals in der Psychiatrie war, bekam ihm April 1958 sogar eine Nasen-Operation. Doch mit dem Ergebnis war er immer nicht zufrieden. Sein Nasen-Komplex ließ ihn auch seinen ersten Mord gehen. Denn als er mit Josefine Kollmann, die er während eines Aufenthalts in der Nervenheilanstalt Feldhof in der Steiermark kennen gelernt hatte, spazieren war, machte diese sich aus heiterem Himmel über seine Nase lustig. Daraufhin sang er die Arie von Shakespeares Othello und erwürgte diese wie Othello Desdemona. Danach versteckte er ihre Leiche im Wald bei Kainbach. Seinen zweiten Mord verübte er an der Prostituierten Juliane Emsenhuber. Diese erschlug er in ihrer Wohnung in der Schleifmühlgasse 18 in Wien-Wieden. Während ihrer Ermordung, zu der er durch den kurz davor erschienenen Film der Edelprostituierten Rosemarie Nitribitt inspiriert wurde, beobachtete er sich im Spiegel, um festzustellen, ob er dämonische Züge im Mundbereich bekäme. Sein nächstes Opfer wurde der Nachtportier Rudolf Topf. Diesen überfiel er am 20. November 1958 im Hotel Schweizerhof am Bauernmarkt 22. im 1. Wiener Gemeindebezirk. Er erbeutete 30 Schilling, nicht mehr als 2 Euro und schoss dabei den Nachtportier an. Eine Woche später überfiel er am 28. November 1958 die Gießereifirma “August Klär & Söhne” im 15. Wiener Gemeindebezirk. Er bedrohte mit einer Pistole den Buchhalter und verlangte Bargeld. Er konnte schließlich eine Tasche mit 4.580 Schilling, ungefähr 330 Euro, rauben. Danach flüchtete er mit einem Fahrrad, wurde jedoch von Karl Klär, dem Bruder des Firmenbesitzers verfolgt. Eine wilde Verfolgungsjagd begann, in der Bergmann mit seiner Pistole mehrmals auf seine Verfolger schoss. Schließlich konnte Johann Bergmann gestoppt und verhaftet werden. Am 1. Juni 1960 wurde er im Alter von 30 Jahren durch die Geschworenen des Schwurgerichts am Wiener Landesgericht wegen dreifachen Mordes, zweifachen Mordversuchs und anderer Strafdelikte einstimmig für schuldig befunden. Johann Bergmann hatte während des Prozesses, in dem er die Morde an den zwei Frauen gestand, keinerlei Reue gezeigt und sich wie ein Filmstar aufgeführt, der selbstbewusst vor Gericht sagte: “Ich werde weiter morden. Auch im Gefängnis!”. Trotz seiner Aufenthalte in psychiatrischen Anstalten hielten ihn die psychiatrischen Gutachter für vollkommen zurechnungsfähig. Johann Bergmann wurde zu lebenslangen Kerker verurteilt. Seine Strafe wurde durch hartes Lager, Dunkelhaft und Fasten an bestimmten Tagen verschärft. Dieses Urteil konnte er jedoch nicht selbst anhören, da er wegen dem bekannten Zitat aus Goethes Götz von Berlichingen “Bitte leckt mich alle am Arsch” zehn Tage in Dunkelhaft verbringen musste. Damit endete die kriminelle Karriere des Johann Bergmann, der fortan im Gefängnis sein Dasein fristen musste. Dir wünsche ich viel Freude mit meinen Fotos vom Stephansdom, durch den Johann Bergmann als der “Stephansdomkletterer” zumindest für kurze Zeit berühmt wurde. 🙂















