Mannheims Postraub im Chicago-Gangster-Style

Isabella Mueller @isabella_muenchen

Ein filmreifer Postraub, den laut einem US-Major der Criminal-Investigation-Division in Heidelberg nur Gangster aus Chicago hatte begehen können, ereignete sich am 9. Juni 1949 vor dem Postamt am Mannheimer Hauptbahnhof. Bei der Gangster-Bande, die durch ihren spektakulären Coup in die Kriminalgeschichte einging, handelte es sich um den 20 Jahre alten Günther Hörner, ein berüchtigter Gauner der Nachkriegszeit sowie seine gleichaltrigen Komplizen die Gebrüder Stuck, Peter Breuning und Robert Panko, besser bekannt als Knabenschuh, der ein wahrer Womanizer der leichten Mannheimer Mädchen war. Ein Insider, der Postbeamte Honickel, hatte die Gebrüder Stuck sowohl über den genauen Zeitplan der Route als auch über die Geldsumme des Geldtransporters informiert. Gegen 10 Uhr morgens fuhr der ausgeloste Peter Breuning im schicken, grauen Ford Modell 48 mit US-Kennzeichen der Besatzungstruppen am Geldtransporter vorbei und schnitt diesem den Weg ab. Die an der Ecke Schloßstraße warteten Komplizen Panko und Hörner sowie die vor dem Postamt ebenfalls wartenden Gebrüder Stuck eilten herbei. Sie drückten den beiden Postbeamten, darunter auch Honickel, Ami-Selbstladepistolen auf die Brust. Dann entrissen sie ihnen die Geldsäcke und rasten im Ford mit Vollgas davon. Der ganze Raub hatte gerade einmal 15 Sekunden gedauert. Ihre Flucht wäre dabei fast vorzeitig beendet worden, da sie beim Überholen von einem LKW auf der Jungbuschbrücke nur kurz einem Crash entgingen. Auch einen Verkehrspolizisten hätten sie beinahe umgenietet, der sich noch rechtzeitig retten konnte. Dieser hatte zwar das Kennzeichen notiert. Doch es stellte sich später als falsch heraus. Insgesamt hatte die Gangster-Crew stolze 160.000 Mark erbeutet, eine beachtliche Summe für die damalige Zeit. Den Postbeamten Honickel schmierten die Gebrüder Stuck damit, dass wenn er nicht auspacke, würde er eine stattliche Summe von der Beute abbekommen, was dieser auch tat. Den grauen Ford entsorgten sie im Hüttenfelder Wald, unweit von der Stelle entfernt, wo sie schon den roten Chevrolet geparkt hatten. Beide Autos hatte Robert Panko einem US-Leutnant in Zwingenberg gestohlen. Geplant war es den Raubüberfall mit dem roten Chevy zu begehen, doch dieser hatte eine Motorpanne. Darum stahl Panko acht Tage später den Ford des US-Leutnant. Dies zeigte wie dreist die Gangster vorgingen. Beide Autos wurden von der Kripo sichergestellt, doch es gab keine brauchbaren Spuren. Die Kripo hegte zwar einen Verdacht, konnte aber nichts beweisen. Sie ließ die Gaunerbande überwachen und verhören. Doch diese hielt eisern dicht. Erst als der Kripo-Chef Riester einen Hinweis von Spaziergängern erhielt, die an der Stelle, an der der Chevrolet abgestellt worden war, öfter verdächtige Männer mit einem Motorrad, einer Zündapp 200 gesehen hatte, nahm der Fall Fahrtwind auf. Dort wurde tatsächlich ein Tankbeleg gefunden, auf dem sich eine Telefonnummer befand. Doch da dieser als Toilettenpapier benutzt worden war, musste dieser vollgeschissene Tankbeleg erstmal gereinigt werden. Nachdem Entfernen der Fäkalien hatte die Kripo endlich die Telefonnummer und diese stellte die Verbindung zur Gauner-Bande her. Die Telefonnummer gehörte der Tante der Gebrüder Stuck, die eine Tochter hatte, die eine von Robert Pankos Geliebten war. Um die Gangster-Bande jedoch zu überführen, setzten sie die hübsche Kriminalbeamtin Inge Lothmann auf Robert Panko an. Dieser wurde dafür extra eine Nacht aus der Untersuchungshaft entlassen, um gemeinsam mit Inge Lothmann, die Drahtzieher aufzuspüren. Dies war ein Vorwand, um Pankos Schweigen zu brechen. Inge Lothmann war mit Robert Panko und dessen Freundin Anita im Rotlichtviertel unterwegs. Dabei spielte Inge Lothmann ihre Rolle so gut, dass selbst Pankos Geliebte Anita ihr die Augen auskratzen wollte, wenn sie Panko zu nahe kommen würde. Es floss reichlich Cognac. Irgendwann begab sich Inge auf eine Sofaecke und stellte sich schlafend. Dann geschah das Unfassbare. Robert Panko und seine Freundin Anita sprachen ganz offen über das Versteck des Postraubs. Inge wusste nun, dass sich die Beute in Pankos Bungalow in Waldhof befand. Dies teilte sie dem Kripochef Riester mit, der zusammen mit dem Staatsanwalt Dr. Angelberger dorthin fuhr und mehrere 10.000 Mark, die aus dem Postraub stammten, vorfanden. Der Rest war schon für Luxusgüter verprasst worden. Damit war die Gangster-Crew aus Mannheim endgültig überführt worden. Die Täter wurden zu Freiheitsstrafen von fünf Jahren verurteilt. Der Postraub, der monatelang die Medienwelt in Atem gehalten hatte, hatte den Schauspieler Otto Wernicke so fasziniert, dass er ihn unter dem Titel: „Wer fuhr den grauen Ford?“ verfilmte, was seine einzige Regiearbeit war und in dem er auch gleichzeitig den leitenden Kommissar spielte. Dir wünsche ich viel Freude mit meinen Fotos von Mannheims östlicher Innenstadt, in der 1949 der Mannheimer Postraub stattfand. 🙂

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