Die eingemauerten, nackten Frauen

Southampton Isabella Mueller @isabella_muenchen England

Im Frühjahr 1953 zog Beresford Brown in die Erdgeschosswohnung eines Reihenhauses in der Rillington Place Nr. 10 im Londoner Stadtteil Notting Hill, der durch den gleichnamigen Hollywood Blockbuster mit Julia Roberts und Hugh Grant in den Hauptrollen weltbekannt wurde. Brown begann voller Elan sein neues Zuhause zu renovieren und machte dabei eine grauenhafte Entdeckung. Denn hinter der Küchenzeile fand er eine nackte, eingemauerte Frauenleiche. Sofort alarmierte er die Polizei, die am 24. März 1953 drei weitere eingemauerte Frauenleichen in der Küchenwand sowie eine Frauenleiche unter dem Fußboden des Wohnzimmers entdeckten. Die drei Frauenleichen in der Küchenwand wurden als die Prostituierten Hectorina Mac Lennan, Kathleen Maloney und Rita Nelson identifiziert, die in den 1950er Jahren spurlos verschwunden waren. Wer konnte schon ahnen, dass diese sich eingemauert in einer Wand befanden. Die Leiche unter dem Wohnzimmerfußboden war keine Prostituierte und führte die Polizei zum Täter. Denn bei der Leiche handelte es sich um Ethel Christie, die Ehefrau des Vormieters. Im Garten wurden weitere menschliche Skelettteile gefunden, die von der seit 1943 vermissten Ruth Fürst und ihrer seit Herbst 1944 vermissten Arbeitskollegin Muriel Eady stammten. Andere gefundene Körperteile und Schamhaare konnten den identifizierten Frauenleichen nicht zugeordnet werden. John Christie wurde unverzüglich verhaftet, der sogleich ein umfangreiches Geständnis ablegte. Er gab zu, alle Frauen mit Leuchtgas betäubt, stranguliert und anschließend mit ihrem toten Körper Sex gehabt zu haben. Mit diesem Akt befriedigte er seine starken nekrophilen Fantasien. Doch wer war dieser Serienkiller, der selbst seine eigene Ehefrau ums Eck gebracht hatte? John Christie wurde am 8. April 1899 in Yorkshire als fünftes Kind von vier Schwestern geboren. Er war ein Muttersöhnchen und Hypochonder, der verzweifelt, um die Anerkennung seines Vaters buhlte. Dann lernte er Ethel Simpson Waddington kennen, die er 1920 heiratete. John arbeitete als Postangestellter, bis er einen Geldbrief unterschlug, weshalb er eine Gefängnisstrafe von 7 Monaten erhielt. Im Jahr 1938 zog das Ehepaar in die Wohnung in der Rillington Place Nr. 10, in der John Christie zum nekrophilen Serienkiller wurde. Wahrscheinlich wäre dies nie oder erst nach seinem Tod ans Licht gekommen, wenn John Christie nicht diese gekündigt und 1953 ausgezogen wäre. John Christie galt als netter Nachbar von nebenan. Niemand hegte auch nur den geringsten Verdacht, dass John Christie ein Frauenkiller war. John Christie nahm selbst in Kauf, dass sein Nachbar, der Lastwagenfahrer Timothy Evans für dessen begangene Morde verurteilt und am 9. März 1950 gehängt wurde. Dieser Justizirrtum führte zur faktischen Abschaffung der Todesstrafe und zur Legalisierung der Abtreibung in Großbritannien. Timothy Evans steckte in finanziellen Schwierigkeiten, als dessen Ehefrau Beryl, die erst vor kurzem die gemeinsame Tochter Geraldine zur Welt gebracht hatte, erneut schwanger war. Am 30. November zeigte er sich selbst bei der Polizei an und sagte aus, dass er seine Frau durch ein Abtreibungsmittel getötet und anschließend ihre Leiche in einem Kanal versteckt hatte. Doch im Kanal wurde die Leiche von Beryl nicht gefunden. Damit konfrontiert, widerrief Timothy Evans sein Geständnis. Er gestand, dass sein Nachbar Christie, der unter ihm wohnte, die Abtreibung vorgenommen und Beryls Leiche im Kanal versteckt hatte. Seine Tochter Geraldine hatte John Christie zu seiner Mutter in Obhut gegeben. Doch als die Polizei das Reihenhaus durchsuchte, fand sie im Gartenhaus die Leichen von Beryl und deren Tochter Geraldine, die beide erwürgt worden waren. Als Timothy Evans damit zur Rede gestellt wurde, gestand er, die beiden getötet zu haben. Timothy Evans wurde wegen Doppelmordes angeklagt. Sein Prozess startete am 11. Januar 1950 im Old Bailey. Er widerrief seine früheren Geständnisse und bekannte sich für nicht schuldig. Er sagte aus, dass John Christie die Morde begangen hatte, der gegen Timothy Evans als Hauptbelastungszeuge aussagte. Schließlich befand die Jury am 13. Januar 1950 Timothy Evans für schuldig, der vom Richter zum Tode verurteilt wurde. Eine Berufung wurde verworfen. Timothy Evans wurde am 9. März 1950 im Londoner Pentonville-Gefängnis durch Albert Pierrepoint am Galgen gehängt. Dieses Schicksal sollte nun auch John Christie ereilen. Denn dieser wurde am 25. Juni 1953 vom Gerichtshof im Londoner Old Bailey zum Tode verurteilt und am 15. Juli 1953 ebenfalls wie Timothy Evans im selben Gefängnis vom selben Henker am Galgen gehängt. Karma is a bitch. Timothy Evans kam insofern Gerechtigkeit zuteil, dass er 1966 posthum rehabilitiert wurde. Bereits 1954 wurde der Name der Straße, in der das Horrorhaus stand, in Ruston Close geändert und Ende 1970 wurde das Haus und der gesamte Straßenzug abgerissen. Seitdem heißt die Straße Bartle Road, in der kein Haus mit der Hausnummer 10 existiert, sondern nur eine Lücke zwischen der Hausnummer 9 und 11 klafft. Bis heute inspirieren die Verbrechen des Frauenwürgers von London, wie John Christie genannt wurde, die Medienwelt zu zahlreichen Filmen und Büchern. Dir wünsche ich viel Freude mit meinen Fotos der englischen Hafenstadt Southampton. 🙂


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