Die blutige Auslöschung einer Familie

Isabella Müller @isabella_muenchen Darmstadt Hessen Germany

Eine regelrechte Hinrichtung und Auslöschung fast einer ganzen Familie fand am 17. April 2009 im hessischen Kleinstadtidyll Babenhausen statt. Als der 62 Jahre alte Immobilienmakler Klaus Toll wie jeden Morgen seinen Müll aus seinem Reihenhaus bringen wollte, trafen ihn noch vor seiner Haustür aus nächster Nähe mehrere Schüsse. Er flüchtete sich ins Haus, wo er vom Täter tödlich in den Hals getroffen wurde. Danach ging der Täter zielgerichtet in den ersten Stock zum Schlafzimmer der Ehefrau von Klaus Toll, der 58 Jahre alten Petra Toll, die er im Schlaf erschoss. Anschließend begab er sich in den zweiten Stock und schoss auf die an Autismus leidende 32 Jahre alte Tochter Astrid, die schwer verletzt überlebte und von Passanten vor dem Haus gegen 13.20 Uhr gefunden worden war. Wer hatte die Familie auf so eiskalte und brutale Art ermordet und warum? Es gab weder Zeugen noch wurde die Tatwaffe eine Walter P 38 gefunden. Die Ermittlungen im Umfeld ergaben nichts Nennenswertes. Die Familie lebte zurückgezogen. Petra Toll hatte Depressionen und verließ kaum mehr das Haus. Die Geschäfte ihres Ehemannes, der trockener Alkoholiker war und sein Maklerbüro im Reihenhaus hatte, liefen schlecht. Einzig die Tochter hatte Kontakt zu den Nachbarn, die in einer Behindertenwerkstatt arbeitete. Nach über einem Jahr geriet der Nachbar und dreifache 40 Jahre alte Familienvater und Industriekaufmann Andreas Darsow ins Visier der Ermittler, da dieser nicht nur bei den anderen Nachbarn sich über die andauernde Lärmbelästigung beklagt hatte, sondern am Tatort und an den Leichen Bauschaumteilchen gefunden worden waren. Diese sollten von einem selbst gebastelten Schalldämpfer stammen, einer mit Bauschaum gefüllten Plastikflasche. Diese Anleitung für den Bau eines solchen Schalldämpfers soll Andreas Darsow über seinen Firmencomputer angeschaut und ausgedruckt haben. Wenig später ließ dieser im Mai 2009 seinen PC wegen einem Defekt austauschen, der entsorgt wurde. Dennoch konnten Computerspezialisten im Firmennetzwerk von der Firma, wo Andreas Darsow arbeitete, nachweisen, dass diese Internetseite von dort gezielt aufgerufen worden war. In der Firma arbeitete auch ein Systemadministrator der als Waffennarr galt. Zudem hatte sich Andreas Darsow darüber informiert wie Ermittler DNA-Beweise sichern und Spürhunde einsetzten. Das Motiv war die jahrelange Lärmbelästigung der Nachbarsfamilie, die vor der Tat in jahrelangen kindischen Briefwechsel sich äußerte. Besonders nachts knallten die Türen und es wurde laut geschrien. Die Ehefrau und deren Tochter sollen „undefinierbare, fast tierische Laute von sich gegeben haben“. Die Darsows besichtigten andere Häuser und wollten wegen Lärmbelästigung umziehen. Dies bezeugten vor Gericht mehrere Nachbarn. Darüber hinaus fanden die Ermittler bei der Hausdurchsuchung der Darsows Schmauchpartikel an einer alten Bundeswehr-Hose. Auffällig war zudem, dass der Keller und die Garage akribisch gereinigt worden waren. Zufall oder Absicht? Darüber hinaus hatte Andreas Darsow für den Mord an der Familie Toll kein Alibi, da seine Frau einen mehrtätigen Verwandtenbesuch mit den Kindern gemacht hatte. Am 11. Mai 2010 wurde Andreas Darsow verhaftet, der bis heute den Doppelmord und Mordversuch an der Tochter bestreitet. Nach 17 Verhandlungstagen wurde Andreas Darsow in einem reinen Indizienprozess am 19. Juli 2011 wegen dem Doppelmord und dem Mordversuch zu lebenslanger Haft mit besonderer Schwere der Schuld verurteilt. Noch im selben Jahr wurde die Bürgerinitiative Monte Christo zur Unterstützung von Andreas Darsows Unschuld gegründet. Da es weder DNA-Spuren am Tatort von Andreas Darsow gab, noch ein Spürhund der Polizei auf eine Geruchsprobe von Andreas Darsow reagierte. Es gab Zweifel. Zudem sagte ein 44 Jahre alter Mann aus Rodgau aus, der ein ehemaliges Mitglied der Rockergruppen Hell´s Angels und Black Widows war, dass er Klaus Toll häufig in einer Kneipe getroffen habe und dieser ihm erzählt habe, dass er Ärger mit den Hell´s Angels wegen dem Kauf und Wiederverkauf eines Grundstücks habe. Es ging um viel Geld. Klaus Toll bot ihm sogar Geld, damit dieser ihn beschütze. Er fühlte sich von jemanden bedroht. Wer das war, sagte er nicht. Sowohl eine Revision zum Bundesgerichtshof als auch eine Petition an den Hessischen Landtag scheiterten. Nachdem im Frühjahr 2018 ein eingereichter Wiederaufnahmeantrag vom Landgericht Kassel abgelehnt wurde und dessen Beschwerde dagegen vom Oberlandesgericht Frankfurt im Mai 2020 verworfen wurde, schrieb einen Monat später der seit 6 Jahren tätige Bürgermeister von Pfungstadt und ehemaliges Mitglied der Sonderkommission, die im Doppelmord von Babenhausen ermittelte, Patrick Koch, eine Email an Darsows Anwalt. In dieser beschuldigte er den Polizeipräsidenten Gosbert Dölger sich zu schnell auf Andreas Darsow als Täter fokussiert zu haben. Er könne aber nicht beurteilen, ob Andreas Darsow tatsächlich der Täter ist oder ihm Unrecht getan wurde. Diese Email veröffentlichte Darsows Anwalt auf seiner Homepage, die zur Anklage gegen Patrick Koch wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses und wegen einer besonderen Geheimhaltungspflicht vor dem Amtsgericht Dieburg führte. Patrick Koch wurde freigesprochen. Fakt ist, dass eine Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt im März 2022 eine neue Beweisaufnahme ablehnte und Andreas Darsow zur Zahlung von 70.000 Euro verurteilte. Die vorsitzende Richterin begründete dies damit, dass für die Kammer kein Zweifel an der Schuld des Beklagten bestehe. In dem Zivilprozess ging es nicht um das Verbrechen, vielmehr um die Forderungen des Landes Hessen gegen Darsow. Denn das Land will die Kosten für die Versorgung der behinderten Tochter Astrid Toll des ermordeten Ehepaares von den Darsows zurückzahlen lassen. Darsows Ehefrau kämpft weiterhin um die Wiederaufnahme des Verfahrens. Dir wünsche ich viel Freude mit meinen Fotos von Darmstadt, vor dessen Landgericht Andreas Darsow am 19. Juli 2011 wegen Mordes und Mordversuch zu lebenslanger Haft mit besonderer Schwere der Schuld verurteilt wurde. 🙂

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