Leipzig und seine Stadtoriginale

Isabella Müller Leipzig @isabella_muenchen

„Mein Leipzig lob ich mir! Es ist ein Klein-Paris, und bildet seine Leute!“ Dieses bekannte Zitat aus Faust der Tragödie erster Teil von dem deutschen Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe ist weltbekannt, das der Stadt Leipzig für immer ein Denkmal gesetzt hat. Leipzig mit seinen über 628.718 Einwohnern galt jahrhundertelang als eines der bedeutendsten Messe-, Literatur- und Musikzentren, in der bis heute viele berühmte Persönlichkeiten leben. Einige verewigten sich dank ihrer Macken für immer in der Leipziger Stadtgeschichte. Einer dieser Leipziger Originale war der fliegende Händler und Schausteller Oscar Seifert. Dieser erblickte am 11. März 1861 im Leipziger Stadtteil Neuschönfeld das Licht der Welt. Er wuchs bei Pflegeeltern auf, da seine Eltern früh an Cholera gestorben waren. Schon im Kindesalter entschied sich Oscar, der für sein loses Mundwerk bekannt war und angeblich für den Ausspruch „Frech wie Oskar“ prägend gewesen sein soll, als Schausteller seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Um dies realisieren zu können, erwarb er eine Genehmigung „sämtliche polizeilich zugelassene Artikel“ verkaufen zu dürfen. Seitdem pries er als Schausteller seine Kleinwaren wie Kämme, Hosenträger, Garn, Stecknadeln, Mundharmonikas und Thermoflaschen wie sauer Bier auf Volksfesten an. Während der Leipziger Kleinmesse betrieb er stets eine nach allen Seiten offene Verkaufsbude mit der Aufschrift „Hurra, Seifarts Oscar ist wieder da.“ Damit die Leute auch bei ihm kauften, hatte er immer einen kessen Spruch auf den Lippen parat. Mit dem Spruch: „Kommse näher – komm´s ran“ leitete er seine Verkäufe ein. Verkaufsschlager waren seine Gummihosenträger, wer jedoch keine kaufte, dem riet er dreist „sich einen Nagel ins Kreuz zuschlagen und die Hose daran aufzuhängen“. Oscar war ein Unterhaltungskünstler par excellence, dessen Sprüche wie „Gindersch, gooft Gämme, ´s gomm lausische Zeiden!“, „Kinder kauft Kämme, sonst kommen lausige Zeiten!“ legendär waren. Kurz bevor Oscar verstarb, der ein liebevoller Ehemann und Familienvater für seine 7 Kinder war, mit denen er in der Elisenstraße lebte, kaufte ein Karussell mit 6 Autos, das mit einem Elektromotor angetrieben wurde. Dies wurde zum Publikumsmagnet auf der Leipziger Kleinmesse, das den Namen „Seifarts Oscars Pracht-Auto-Corso“ trug. Oscars Kinder und Enkelkinder traten in Oscars Fußstapfen und führten das Schaustellergewerbe weiter. Oscar Seifart, der in Leipzig stadtbekannt war, starb dort am 25. Dezember 1932. Das weibliche Pendant zu Oscar Seifart war die Autorin und Mundartdichterin Lene Voigt, die im Volksmund nur „Leipziger Ulknudel“ genannt wurde. Doch anders als Oscars Leben, hatte diese mit vielen Schicksalsschlägen zu kämpfen. Am 3. Mai 1891 kam diese als Tochter eines Schriftsetzers zur Welt. Helene Alma Wagner absolvierte nach dem Abschluss der Volksschule eine Lehre als Kindergärtnerin. Helene, die von allen nur Lene genannt wurde, galt als schlauer Kopf, die schon bald für den bekannten Insel Verlag als kaufmännische Angestellte tätig war. Anno 1914 heiratete sie den Orchestermusiker Friedrich Otto Voigt. Nur 6 Jahre später folgte die Scheidung. Doch noch viel schlimmer war der Tod ihres 5 Jahre alten Sohnes Alfred im Jahr 1924. Trotz allem veröffentlichte sie Artikel in Zeitschriften wie „Der Drache“ oder „Der Lustige Sachse“, bis die Nationalsozialisten ihr 1936 die Publikation ihrer Werke aufgrund von „Verschandelung“ der deutschen Klassiker und wegen ihrer Veröffentlichung von Beiträgen in linken Zeitschriften verboten. Im selben Jahr wurde Lene erstmals wegen ihrer Psychose behandelt. Am 16. Juli 1962 verstarb diese im Krankenhaus Dösen bei Leipzig, wo sie als Buchhalterin und Botin gearbeitet hatte. Auf ihrem Grabmal am Leipziger Südfriedhof, auf dem auch Oscar Seifart begraben wurde, steht folgende Inschrift auf sächsisch: „Was Sachsen sin von echtem Schlaach, die sin nich dod zu griechn. Drifft die ooch Gummer Daach für Daach, ihr froher Mut wärd siechen.“ In hochdeutsch: “ Was Sachsen sind von echtem Schlag, die sind nicht totzukriegen. Trifft die auch Kummer Tag für Tag, ihr froher Mut wird siegen.“ In diesem Sinne wünsche ich Dir viel Freude mit meinen Fotos von Sachsens größter Stadt Leipzig. 🙂


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