Morde ohne Skrupel

Wir schreiben das Jahr 1854. Zu jener Zeit lebte im Hamburger Stadtteil Neustadt im Breiten Gang in einem Haus die Witwe Jacob mit ihrer entzückenden Tochter Marie. Die Witwe, die als Wäscherin arbeitete, war äußerst beliebt im Viertel. Sie und ihre Tochter, die viele Heiratsanträge bekam, diese aufgrund ihres jungen Alters jedoch ablehnte, waren fleißige Frauen, die zurückgezogen lebten. Die Witwe Jacob galt als wohlhabend, da sie allein mit ihrer Tochter in einem Haus leben konnte. Es war der 7. Mai 1854 als die Witwe Jacob gemeinsam mit ihrer Tochter einen Sonntagsausflug unternahm, da das herrliche Frühlingswetter einfach dazu einlud. Sie begegnete noch ihrem unmittelbaren Nachbarn, dem Drechslermeister Vernimb, einem angesehenen Bürger und Familienvater, der ein treuer Kunde der Wäscherin war. Nach ihrem Ausflug machte sich Marie daran den Ofen zu putzen. Gegen 21.30 Uhr klopfte der 15 Jahre alte Lehrling des Büchsenmachers Mayer an die Haustür von der Witwe Jacobi. Er hatte von der Ehefrau des Meisters den Auftrag bekommen, ein Bündel Wäsche bei Frau Jacobi abzugeben. Doch trotz dass Licht brannte, öffnete niemand die Tür. Der junge Bursche klopfte daraufhin erneut wie wild an die Tür. Dadurch wurden die Nachbarn auf diesen aufmerksam. Nachdem er sein Anliegen erzählt hatte, schickten diese ihn fort, da die beiden Frauen wahrscheinlich schon in Nachtkleidung waren und keine Lust mehr hatten, ihm aufzumachen. Also ging der Bub unverrichteter Dinge von dannen. Am nächsten Morgen sah keiner der Nachbarn die beiden Frauen, die stets pünktlich zur Arbeit gingen und vorher noch beim Bäcker Brot kauften. Da Licht brannte, aber niemand öffnete, alarmierten die Nachbarn die Polizei. Zwei Beamte begaben sich dorthin. Aber auch diesen machte keiner die Haustür auf, weshalb die Polizisten die Tür gewaltsam aufbrachen. Kurz nachdem sie das Haus betreten hatten, machten sie eine grausige Entdeckung. Die Wäscherin lag mit eingeschlagenem Kopf und Messerstichen an Hals und Nacken tot auf dem Boden. Neben ihr lag ein blutverschmiertes Messer, das wie sich später herausstellte, aus ihrem eignen Haushalt stammte. Doch wo war ihre Tochter Marie? Diese fanden sie unten am Fuße der Kellertreppe in einer großen Blutlache liegend vor. Ihr Kopf war wie bei ihrer Mutter vermutlich mit einem Hammer eingeschlagen worden, auch sie hatte am Nacken und Hals Messerstiche. Die Ermittlungen ergaben, dass die Frauen Opfer eines Raubmörders geworden waren, da deren ganzes Bargeld fehlte. Bei der Hausdurchsuchung fanden die Beamten ein zweites blutbeflecktes Messer, das nicht zum Haushalt gehörte und ein Herrenunterhemd, das auf dem Boden und nicht in den Körben mit der schmutzigen Wäsche lag. Bereits wenige Tage später fand die Beerdigung der beiden Frauen statt, an der viele Hamburger teilnahmen, um den Frauen die letzte Ehre zu erweisen. Darunter war auch ihr Nachbar der Drechslermeister Vernimb und dessen 19 Jahre alter Geselle Arnold Wilhelm Timm, der der Sohn einer angesehenen Witwe war und bei dem Meister im Haus lebte. Kurz nach der Beerdigung teilte dieser seinem Meister mit, dass er kündigte, um fortan bei seinem Bruder zu arbeiten. Bis zum 9. Mai wollte er aber noch bei seinem Meister bleiben. Die Polizei ermittelte auf Hochtouren und verhörte viele Menschen, darunter auch den Meister Vernimb. Diesem zeigten sie das Messer und das Unterhemd, das der Meister als das seines Gesellen identifizierte. Da die Polizei wusste, dass der Geselle Timm eng mit dem Schuhmachergesellen Bonneck befreundet war, wandten diese sich an ihn. Er sollte seinen Freund Timm ausspionieren. Der Zufall wollte es, dass Timm seine Stiefel zu Bonnek zur Reparatur brachte. Als dieser seine Arbeit verrichtet hatte, verlangte er seinen Lohn von Timm. Da Timm kein Geld bei sich hatte, musste er dieses erst holen. Eine Viertelstunde später kam Timm mit einer Handvoll preußischer Taler zurück, an denen Erde klebte. Diese zeigte Bonneck der Polizei, die glaubte, dass diese aus dem Raub stammten und Timm diese vergraben hatte. Bonneck sollte Timm weiter beschatten. Beide gingen nun oft in Wirtschaften, wo Timm, der mittlerweile ohne Arbeit war, stets bezahlte. Angeblich hatte sein Bruder ihm das Geld als Vorschuss gegeben. Timm wurde aufs Polizeirevier zum Verhör geladen. Schon am 2. Tag legte er aufgrund des Messers, des Unterhemds und des Geldes ein umfassendes Geständnis ab. Er hatte schon lange geplant, die Witwe, die als vermögend galt, auszurauben. Den Plan setzte er am 8. Mai gegen 21 Uhr in die Tat um. Er klopfte bei seiner Nachbarin, um dieser sein Unterhemd zur Reinigung zu beringen. Nichts Böses ahnend ließ diese ihn ins Haus, wo er sie mit einem Hammer aus der Werkstatt seines Meisters erschlug. Dann stach er mit einem Messer aus der Werkstatt in deren Hals. Marie hatte die Schreie ihrer Mutter gehört und war zu ihr gerannt. Als sie ihre Mutter tot am Boden liegend sah, kam es zu einem Kampf zwischen Marie und Timm. Er schlug ihr mit dem Hammer auf den Kopf und stach ihr in den Hals, dabei stürzte diese die Kellertreppe herunter. Timm wollte nachdem vielen Bargeld suchen. Doch plötzlich klopfte der junge Bub, der aber nach einer Weile von den Nachbarn weggeschickt wurde. Timm suchte nun nach dem Bargeld, fand aber nur 100 Mark Hamburger Courant in preußischen Talerstücken, da die Witwe ihr Geld auf der Sparkasse angelegt hatte. Enttäuscht verließ er die Wohnung, die er mit dem mitgenommen Schlüssel abschloss. Danach ging er erstmal in die Wirtschaft „Pfannkuchenkeller“, wo er fürstlich dinierte, bevor er sich im Freudenhaus „Ehebrechergang“ so richtig austobte. Arnold Wilhelm Timm wurde zur Enthauptung durch das Fallbeil vom Niedergericht verurteilt. Dieses Urteil bestätigte 9 Monate später das Obergericht. Eine Nichtigkeitsbeschwerde und ein Gnadengesuch seiner Mutter wurden abgelehnt. Am 10. April 1856 wurde dieses Urteil vollstreckt. Arnold Wilhelm Timm rauchte vor seiner Hinrichtung noch 8 Zigarren und aß Beefsteak. Dann wurde der zweifache Mörder im Hinterhof des Zuchthauses mit dem mechanischen Fallbeil exekutiert. So endete das junge Leben des Raubmörders Arnold Wilhelm Timm. Dir wünsche ich viel Freude mit meinen Fotos von Hamburgs Alster. 🙂


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