Der größte Palastkomplex der Welt

Isabella Müller Wien @isabella_muenchen

Eines meiner Lieblingsgebäude im Herzen Wiens ist die Hofburg. Dieser größte Palastkomplex der Welt mit 19 Höfen, 18 Trakten, 2.600 Räumen, 54 Stiegen, der sich über 240.000 Quadratmeter erstreckt und in dem bis heute 5.000 Menschen wohnen und arbeiten, war über 600 Jahre lang das Herrscherzentrum der Landesherren Österreichs. Danach der deutschen Könige und römischen Kaiser und bis 1918 der österreichischen Kaiser. Seit 1946 hat hier der österreichische Bundespräsident seinen Amtssitz. Der asymmetrische Gebäudekomplex, der im 13. Jahrhundert den Namen “Neue Pfalz” der Babenberger trug, wurde im Laufe der Zeit immer wieder baulich verändert. Sein ältester noch erhaltener Teil ist der Schweizertrakt mit seiner gotischen Burgkapelle aus der Renaissance um 1550, in der bis heute die Wiener Sängerknaben bei der Sonntagsmesse singen. Der Name leitet sich davon ab, dass seit dem 18. Jahrhundert die Schweizergarde, die als Burgwache diente, dort untergebracht war. Besonders beeindruckend ist das Schweizertor, das von dem italienischen Architekten Pietro Ferabosco 1552 gestaltet wurde und zu den wenigen Renaissancedenkmälern der Donaumetropole zählt. Dieser Trakt beherbergt auch die kaiserliche Schatzkammer, die eine Abteilung des Kunsthistorischen Museums ist. In der bedeutendsten Schatzkammer der Welt ist die Krone des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation sowie die österreichische Kaiserkrone, der Burgunderschatz und der Schatz vom Orden des Goldenen Vlies verwahrt. Aus der Zeit des Schweizertrakts stammt auch die Stallburg und der Amalientrakt. Mit dem Bau der Stallburg wurde 1559 als neue Residenz unter Ferdinand I. und dessen Sohn Maximilian II. begonnen. Die Stallburg ist der einzig noch erhaltene Renaissancebau der österreichischen Bundehauptstadt. Unter Kaiser Karl VI. wurden die Stallungen für die Lipizzaner der Spanischen Hofreitschule erbaut, die bis heute mit ihren Vorführungen der klassischen Reitkunst der Renaissance begeistern und seit Dezember 2015 immaterielles UNESCO Kulturerbe der Menschheit sind. Der Amalientrakt verdankt seinen Namen der Kaiserin Amalie Wilhelmine, der Ehefrau des Kaiser Franz Josephs I., die diesen Trakt nach dem Tod ihres Mannes als Witwensitz nutzte. Danach wurden die Räumlichkeiten unter Maria Theresia renoviert und dienten ihrer Tochter Maria Christine, Leopold II., Kaiserin Elisabeth und Kaiser Karl I. als Wohnsitz. Heute zählen die Kaiserappartements von Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth, im Volksmund Sisi genannt, zusammen mit dem Sisi-Museum zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Wien, die intime Einblicke in 24 Privaträume des Kaiserpaares gewähren, die im Rokoko-Stil mit prunkvollen Interieur gestaltet sind. Im Laufe der Zeit wurde der Schweizertrakt, die Stallburg und der Amalientrakt mit weiteren Gebäuden verbunden und erweitert. So entstand in den Jahren von 1660 bis 1666 nach den Plänen von dem Architekten Filiberto Lucchese unter den Baumeistern Carlo Martino und Domenico Carlone der Leopoldinische Trakt, dessen Namensgeber der Großvater Maria Theresia, Kaiser Leopold I. war und der sich zwischen Heldenplatz und Innerem Burghof befindet. Dieser Trakt fiel 1668 einem Brand zum Opfer. Sein Wiederaufbau dauerte 15 Jahre und wurde 1683 abgeschlossen. Dabei wurde er um 1 Stockwerk erhöht und die südlichen Befestigungsanlagen wurden verstärkt, das sich bei der Belagerung Wiens 1683 durch das osmanische Heer als äußerst nützlich erwies. Heute empfängt der österreichische Bundespräsident, der seit 1946 dort seinen Amtssitz hat, in den ehemaligen Wohnräumen der Kaiserin Maria Theresia und später ihres Sohnes Kaiser Joseph II., seine Staatsgäste. Ein weiterer Trakt der Hofburg ist der Reichskanzlertrakt, mit dessen Bau unter Kaiser Karl IV. 1723 nach den Plänen des Architekten Johann Lucas von Hildebrandt begonnen wurde und den der Architekt Joseph Emanuel Johann Bernhard Fischer von Erlach 1730 fertigstellte. Dieser war bis 1806 Sitz der obersten Reichsbehörden. Danach ließ Kaiser Franz Joseph I. den ersten Stock als Residenz- und Wohnräume der kaiserlichen Familie umbauen. Dieser beherbergt auch die Silberkammer, die mit ihrer außergewöhnlichen Sammlung von Hofsilber Einblicke in die höfische Tafelkultur des ehemaligen Kaiserhauses bietet. In den Jahren von 1723 bis 1735 entstand unter Johann Bernhard Fischer und nach dessen Tod unter seinem Sohn Joseph Emanuel Johann Bernhard Fischer die Hofbibliothek, deren Bibliotheksaal mit seinem Barockinterieur zu einem der schönsten der Welt zählt. Von 1726 bis 1727 entstand ein Seitentrakt des neuen Prunksaals der Hofbibliothek an der südöstlichen Seite, der sogenannte Augustinertrakt. Dieser erhielt seinen Namen durch die angrenzende Augustinerkirche und das Augustinerkloster. Anlässlich der Hochzeit Ferdinand III. mit der Infantin Maria Anna von Spanien wurden von 1629 bis 1631 durch Hofbaumeister Giovanni Battista Carlone zwei Festsäle, ein Großer und Kleiner Redoutensaal, gebaut. Diese wurden seit 1973 zu einem Konferenzzentrum ausgebaut, das am 27. November durch ein ausgebrochenes Feuer schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die komplette Sanierung dauert bis 1997. Während der Kleinere Redoutensaal originalgetreu wiederhergestellt wurde, erhielt der Große Redoutensaal zeitgenössische Ölgemälde von Josef Mikel. Zudem entstand ein Pressefoyer mit Blick auf die Michaelerkuppel der Hofburg. Der Michaelertrakt wurde Ende des 19. Jahrhunderts unter dem Architekten Ferdinand Kirschner nach Plänen Fischer von Erlach fertiggestellt. Dieser Trakt mit seiner geschwungenen Fassade und seiner fünfzig Meter hohen Kuppel prägt bis heute das Erscheinungsbild der Innenstadtseite der Hofburg. Am Beginn des 20. Jahrhunderts, kurz vor Ende der Monarchie, wurde die riesige Erweiterung der Hofburg zu einem Kaiserforum nach den Plänen von Gottfried Sempers und Karl Freiherr von Hasenauer teilweise verwirklicht. Von der Hofburg aus sollte ein symmetrischer Gebäudekomplex erbaut werden, der weiter zum Burgtor und der Ringstraße führt und bis zu dem Museumsquartier reicht und dieses integriert. Dabei sollte der Heldenplatz das Zentrum dieser einzigartigen Neugestaltung bilden. Der Heldenplatz entstand durch die Sprengung der Wiener Stadtmauern 1809 auf Befehl des französischen Kaiser Napoleons. Auf diesem Gelände wurden der Burggarten, der Volksgarten und ein Exerzierplatz angelegt, die den heutigen Heldenplatz bilden. Seinen Namen erhielt der Heldenplatz 1865 in Anlehnung an die sich auf ihm befindenden Heldendenkmälern, den bronzenen Reiterstandbildern von Erzherzog Karl und Prinz Eugen. Die Neue Burg, der jüngste Gebäudeteil der Hofburg, der sich zwischen Heldenplatz und Burggarten befindet, wurde auf Veranlassung Kaiser Franz Joseph I von 1881 bis 1913 als halbbogenförmiger Trakt der Neuen Burg errichtet. Denn ein spiegelgleicher Flügel sollte den Heldenplatz zum Volksgarten hin abschließen. Deshalb waren Triumphbögen zum Natur- und Kunsthistorischen Museum geplant. Sie wurden aber nicht realisiert, da der Erste Weltkrieg den Bau verhinderte. Dadurch blieb das Kaiserforum unvollendet und nur die beiden Museen am Maria-Theresia-Platz und die Neue Burg entstanden. Nach dem Tod Kaiser Franz Joseph I. wurden die Pläne nicht weiterverfolgt. Die Neue Burg beherbergt heute eine Vielzahl von bedeutenden Museen wie das Weltmuseum, das Ephesos Museum, Papyrusmuseum, die Hofjagd- und Rüstkammer sowie die Sammlung Alter Musikinstrumente. Darüber hinaus befinden sich mehrere Lesesäle der Nationalbibliothek und der Eingang zum Wiener Kongresszentrum in der Neuen Burg. Die Wiener Hofburg, die bis zum Ende der österreichisch-ungarischen Monarchie 1918 das Zentrum des gigantischen Reiches der Habsburger war und ihnen als Regierungssitz, Verwaltungszentrum und Winterresidenz diente, stellt nicht nur ein wichtiges Kulturgut mit zahlreichen Museen dar, sondern ist auch heute noch das politische Zentrum Wiens. Euch wünsche ich viel Freude mit meinen Fotos dieses imposanten Gebäudes, von dem aus über sieben Jahrhunderte lang das Imperium des Habsburgerreiches regiert wurde. 🙂

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